Solarstrom für die Nachbarschaft
24.02.2019, 11:57 Uhr
Mit der Blockchain den lokalen Strommarkt revolutionieren
Im Schweizerischen Walenstadt wird lokal erzeugter Solarstrom über die Blockchain in der Nachbarschaft vermarktet. So verbleiben Überkapazitäten in der Gemeinde.
Seit Anfang des Jahres werden über das Projekt Quartierstrom im Schweizerischen Walenstadt insgesamt 37 Haushalte und ein Alterszentrum mit lokal gewonnenem Solarstrom versorgt. Das Modell erlaubt die Weitergabe beziehungsweise Vermarktung von überschüssigem Strom innerhalb der Gemeinschaft.
Quartierstrom verringert damit einerseits die Kosten für den Betrieb von Photovoltaikanlagen und erlaubt andererseits Anwohnern ohne eigener Sonnenkraft, auf lokale Ressourcen zuzugreifen. Im Vergleich zur traditionellen Netzeinspeisung erzielen Solarstrom-Betreiber höhere Einnahmen über das neue Projekt. Konkret bedeute das einen Marktpreis von 4 Rappen (knapp 4 Euro-Cent) pro Kilowattstunde.
Für die automatisierte Verwaltung und Verteilung der Energie kommt eine Blockchain-Lösung zum Einsatz. Die Preislimits für Kauf und Verkauf des Stroms können die Teilnehmer über ein Online-Portal einstellen. Das Projekt wird von verschiedenen Hochschulen und Unternehmen getragen und vom Bundesamt für Energie BFE unterstützt. Massgeblich an der Entwicklung der Lösung beteiligt sind etwa das Bosch IoT-Lab der Universität St. Gallen sowie das Bits-to-Energy-Labs der ETH Zürich.
Die Blockchain-Lösung läuft stabil
Der Start des Projekts wird bereits jetzt als Erfolg gewertet. So wurden allein in den ersten beiden Februarwochen 82 Prozent des lokal produzierten Stroms auch innerhalb der Gemeinschaft konsumiert. "Das System läuft stabil und der Markt funktioniert", kommentiert Arne Meeuw vom Bosch IoT-Lab erfreut. "Überrascht hat uns, wie oft sich die Teilnehmenden ins Portal eingeloggt haben, um ihre Preislimits anzupassen oder ihre Handelsdaten abzurufen."
Wie es in einer Mitteilung des Projekts heisst, wurde bislang witterungsbedingt noch relativ wenig Strom über die Blockchain gehandelt. Die schwache Frühjahrssonne und schneebedeckte Solaranlagen führten zu einer niedrigen Produktion, die dann zumeist vollständig vom Betreiber genutzt wurde. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass etwa die Hälfte der Energie direkt vom Eigentümer der Photovoltaikanlage genutzt wurde. Lediglich 32 Prozent der Produktion gelangte in den Handel mit der Nachbarschaft, während 18 Prozent an den Energieversorger gingen. Insgesamt konnte die Quartierstromgemeinschaft aber immerhin 25 Prozent mit lokalem Solarstrom decken. In den Sommermonaten wird sich dieser Wert massgeblich erhöhen.
Das Projekt ist vorerst auf eine Laufzeit von einem Jahr vorgesehen. In dieser Zeit sollen Erfahrungen für die Praxistauglichkeit gesammelt und ausgewertet werden. Von zentraler Bedeutung sei die Frage, wie weit der lokale Strommarkt den Absatz dezentral erzeugter und erneuerbarer Energie steigern kann.