Digitale Transformation
26.08.2019, 09:14 Uhr
Weshalb 80:20 in der Verwaltung nicht reicht
Die digitale Transformation soll Medienbrüche reduzieren, Mitarbeiter entlasten und Serviceleistungen verbessern. Soweit die Theorie. Dass es in der Praxis nicht ganz so einfach ist, zeigte die Diskussion an der Kaderkonferenz der Finanzdirektion des Kantons Bern.
Beatrice Simon, Regierungsrätin des Kantons Bern, begrüsste die Gäste der Kaderkonferenz der Finanzdirektion des Kantons Bern und begleitete als Moderatorin den Vormittag. Simon schaffte es, bekannte Paradigmen der Digitalisierung in Frage zu stellen und startete auf diese Weise immer wieder fruchtbare Diskussionen.
(Quelle: NMGZ/Computerworld)
Die Welt wird komplizierter und dreht sich schneller. Sinnbildlich wird auch von der sogenannten VUCA-Welt gesprochen. Ein Begriff aus dem Militärjargon. VUCA beschreibt eine unsichere und unübersichtliche Situation, an die man sich anpassen muss, um letztlich überleben zu können.
Eine pessimistische Sichtweise und doch zutreffend, wenn man sie auf die Lage überträgt, in der sich Unternehmen und Verwaltungen durch die Digitalisierung befinden. Organisationen müssen sich an den Wandel anpassen und neue digitale Prozesse aufsetzen sowie Produkte kreieren. Und alles am besten vorgestern. Auch muss sich das Skill-Set der Mitarbeitenden laufend weiterentwickeln.
Was das für die Praxis bedeutet und wo die Grenzen des Digitalisierungsdiktats liegen, darüber sprachen Exponenten aus der Wirtschaft, Verwaltung und Verbänden an der jährlichen Kaderkonferenz der Finanzdirektion des Kantons Bern.
Willkommen in der VUCA-Welt
Neue globale Tech-Konzerne, die mit ihren Plattformen etablierte Märkte aufmischen, oder politische Entwicklungen führten zu Verunsicherung. Der Wirtschaftskrieg zwischen den USA und China sowie der drohende harte Brexit setzen etwa der deutschen Wirtschaft zu und folglich auch der Schweizer Ökonomie. Und das mit noch nicht absehbaren Konsequenzen, skizzierte Digitalswitzerland-Präsident Ivo Furrer in seiner Keynote. Um in einer solchen VUCA-Welt bestehen zu können, reiche die Investition in Technik nicht.
Man müsse auch an der Kultur der Organisation arbeiten, sagte Furrer weiter. Der Kulturwandel könne gelingen, denn die Menschen in den Organisationen seien in der Regel motiviert und offen. Aber man müsse sie mitnehmen und ihnen aufzeigen, welche Chancen Ihnen der Wandel biete. Klar ist für Furrer, dass die Geschäftsleitung den Takt vorgeben müsse. «Das Business setzt die Agenda, die IT ist der Enabler», sagte Furrer.
Mit der Digitalisierung steige die Schlagzahl und die Planungszeiten verkürzten sich. «Wir machen mal irgendwann», sei deshalb eine gefährliche Einstellung. Die Weichen müssten vielmehr jetzt gestellt werden. Furrer regte daher an, neue Prozesse und Lösungen nach der 80:20-Regel zu entwickeln. Diese seien zwar nicht immer perfekt, könnten aber im Nachgang verbessert werden.
80:20 ist kein Ansatz für Verwaltungen
Das wollte Beatrice Simon, Regierungsrätin des Kantons Bern, nicht unkommentiert stehen lassen. Sie lobte die verschiedenen digitalen Projekte im Kanton. Bern sei diesbezüglich gut unterwegs. Beispielsweise könnten die Steuerzahler ihre Steuererklärung über TaxMe elektronisch abrechnen.
In diesem Zusammenhang betonte sie die Gefahr des 80:20-Prinzips bei der Entwicklung digitaler Produkte. Denn eine halbfertige Steuerlösung könnte zu Steuerausfällen und frustrierten Anwenderinnen und Anwendern führen. Überdies werde es immer Kundinnen und Kunden geben, die auf herkömmlichen Wegen mit der Verwaltung Kontakt aufnehmen wollten, aller digitalen Vorteile zum Trotz.