Yahoo: Pionier im Sinkflug

Ein neuer Gigant für Video-Werbung

Bleibt die Frage, wer der vielen Interessenten die Reichweite und die Spitzentechnologie künftig vermarkten und nutzen kann: "Eine Übernahme durch den Time-Konzern wäre für beide Seiten sinnvoll, die durch Verizon scheint am realistischsten", urteilt Boos.
Time brächte die Premiuminhalte von Magazinen wie "Sports Illustrated", "Fortune", "Money" oder "People" ein, mit ­denen sich die gut frequentierten Nachrichtenseiten und Reichweiten von Yahoo veredeln liessen. Umgekehrt verlängert Yahoo das Verlagsgeschäft nachhaltig ins Internet. Für die Vermarktung von Video-Werbung dürfte ausserdem die Verbindung zu den Filminhalten von Time-Schwester Warner interessant sein. Aber Time schreibt rote Zahlen und wird sich den Kauf von Yahoo kaum leisten können.
Interessanter für Werbungtreibende dürfte indes eine Yahoo-Übernahme durch Verizon sein. Der Konzern sucht nach neuen Geschäften, weil die Zahl der ­Mobilfunkberträge stagniert, und verfügt über fünf Milliarden Dollar Bargeld. Vor allem aber hat er 2015 für 4,4 Milliarden Dollar AOL übernommen. Dessen Vorstandschef Tim Armstrong hat die Werbetechnologien der Gesellschaft so ausgebaut, dass sie es leicht mit denen von Facebook und Google aufnehmen können.

AOL und Yahoo erreichen in den USA 70 Prozent der User

Im Wachstumsbereich Video-Anzeigen würde nach der Integration von Yahoo, Brightroll und Flurry ein Anbieter entstehen, der Google hinter sich lässt: In den USA erreichen AOL und Yahoo gemeinsam mehr als 70 Prozent der Online-­Nutzer. Selbst nach der Beseitigung von Überschneidungen wäre mit einem komfortablen Abstand zu Google zu rechnen. "Es klingt oft so, als könne man Portal- und Inhaltegeschäft von den Werbetechnologien trennen", sagt Werbespezialist Won, "ein Fehler: Beides hängt unmittelbar zusammen und voneinander ab."
Allzu lange können sich Yahoo und ­seine potenziellen Käufer nicht auf dem Vorsprung im Bereich Werbetechnologie ausruhen: Soll sich die Kantine in Sunnyvale nicht vollständig leeren, ist Eile geboten. Die Konkurrenz schläft nicht, und letztlich hat Yahoo wenig zu bieten, was andere nicht auch könnten.



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