Urteil: 1&1 Telecom muss Millionen-Bussgeld nicht zahlen

Teure Ordnungswidrigkeit

Das wollte das Telekommunikationsunternehmen so nicht akzeptieren und klagte beim Landgericht Bonn gegen den Bescheid. Für die 1&1-Datenschutzbeauftragte Julia Zirfass handelt es sich bei dem festgestellten Verstoss um eine Ordnungswidrigkeit, und da sei ein Bussgeld in dieser Höhe unverhältnismässig. Zirfass sieht ein Spannungsfeld zwischen dem deutschen Ordungswidrigkeitsrecht und dem europäischen Datenschutzrecht. Denn Ordnungswidrigkeiten können nicht von Unternehmen begangen werden, sondern nur von Personen, und da stellt sich dann die Frage, inwieweit die Handlungen der Personen dem Unternehmen zuzurechnen sind. Nach Ansicht vieler Juristen lässt das Ordnungswidrigkeitsrecht Bussgelder gegen Unternehmen nur dann zu, wenn der Verstoss entweder von einem Mitglied der Unternehmensleitung begangen oder fahrlässig seine Aufsichtspflicht verletzt hat.
Das Urteil, das am gestrigen Mittwoch verkündet wurde (Az. 29 OWi 1/20 LG), korrigiert die Höhe des verhängten Bussgeldes. Statt 9,55 Millionen Euro, so entschied das Gericht, müsse 1&1 Telecom "nur" 900.000 Euro zahlen. "Das Landgericht Bonn hat ausgeführt, dass ein Bussgeld abschreckend sein soll“, kommentiert Rechtsanwältin Mareike Gehrmann von der Kanzlei Taylor Wessing. Der Umsatz könne aber nur der Orientierung dienen und lege die Obergrenze fest. Gehrmann weiter: "Das Gericht bestätigt, dass die mildernden Faktoren Berücksichtigung finden müssen. Im Fall von 1&1 also, ob es sich um einen erstmaligen Verstoss handelt sowie ob und wie das Unternehmen reagiert."
Sollte dieses Urteil Bestand haben, müssten die deutschen Datenschutzbehörden ihr Konzept der Bussgeldbemessung überdenken. "Ein rein umsatzorientiertes Bussgeldkonzept wie es die deutschen Datenschutzbehörden vorgesehen haben, entspricht eben nicht unseren Rechtsstaatsprinzipien."



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