Start-ups im Silicon Valley jagen die IT-Grössen
Pure Storage - Das Speichern auf Festplatten beenden
Pure Storage verfügt über eine beeindruckende Liste an Investoren, darunter Index Ventures, Redpoint, Samsung und Diane Greene, die Gründerin von VMware. Das 2009 gegründete Start-up ist massgeblich von dem Founder und CTO John „Coz“ Colgrove geprägt, der zunächst bei Veritas als Ingenieur arbeitete und nach der Übernahme durch Symantec 2005 noch ein paar Jahre dort verbrachte, ehe er in die Venture-Capital-Firma Sutter Hill Ventures einstieg. Colgrove betont, er habe „einen Softwarehintergrund“ – und dass die Ausgaben seines Unternehmens für Research & Development (R&D) zu etwa 80 Prozent in die Software-Entwicklung fliessen.
Unter dem Slogan „Forever Flash“ hat sich das Start-up sehr schnell einen der vorderen Plätze unter den Playern im Flash- und Disk-Markt verschafft. Für Gartner Research gehört Pure Storage neben IBM und EMC zu den führenden Anbietern bei Flash-Arrays. Das Unternehmen fühlt sich sogar so stark, dass es schon Anfang nächsten Jahres den Börsengang wagen will – zurzeit eher eine Ausnahme in der Start-up-Szene. Und in Mountain View im Silicon Valley wurde vor Kurzem ein schickes, neues Gebäude bezogen, um sich auch nach aussen seriöser und pompöser zu zeigen. Schliesslich hat man in den sechs Jahren seit Gründung Investitionsgelder von insgesamt 470 Millionen Dollar einsammeln können.
Colgrove erklärt selbstbewusst: „Unser Ziel ist es, das Speichern auf Festplatten zu beenden.“ Den Einwand, Flash sei teuer, will er nicht gelten lassen, die Preise würden mit jedem Tag sinken. Gleichzeitig steige die Speicherdichte bei Flash ständig, sodass das Argument der Festplattenhersteller, ihre Produkte kosteten pro Gigabyte weniger, an Gültigkeit verliere. Colgrove resümiert: „Es dauert nicht mehr lange, bis die Flash-Preise mit denen von Festplatten gleichziehen.“ Zusätzlich pocht er darauf, dass Pure Storage besonders viel in die Integration von Software-Funktionen investiere und damit Flash auch von dieser Seite einen höheren Wert verleihe. Hersteller wie Nimble Storage, die auf hybride Speicherlösungen (Flash plus traditionelle Disks) setzen, blieben auf halbem Wege stehen. Und EMC habe zwar durch den Kauf von XtremIO nun auch Flash in seiner Produktpalette, hinke aber in der Software-Entwicklung für diese Technologie 18 Monate hinter Pure Storage hinterher.
Technische Besonderheit der neuen All-Flash-Generation von Pure Storage unter der Bezeichnung „FlashArray//m“ mit drei Varianten (120, 250 oder 400 Terabyte) ist denn auch die „modulare Software-defined-Architektur“ mit einem neuen Upgrade-Zyklus: Demnach lassen sich die Systemkomponenten Kapazität, Performance, Packungsdichte, Konnektivität und Software-Features unabhängig voneinander aufrüsten. Damit kommt der Hersteller jenen Kunden entgegen, die angesichts der nach wie vor teuren Flash-Arrays auf Komplettneuerungen verzichten und sich stattdessen zunächst mit Teilverbesserungen begnügen wollen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich die Administratoren Ausfallzeiten der Geräte und Datenmigrationen sparen können. Alle Software-Upgrades werden automatisch über das Web eingespielt.
Angesichts der Konkurrenz auf dem Markt für Flash- und All-Flash-Arrays könnte die Spitzenposition von Pure Storage schon bald unter Druck geraten. Der Aufbau von Vertriebs- und Supportorganisationen ausserhalb der USA ermöglicht Kunden und Interessenten zwar einen direkten Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Start-ups, ist aber kostenintensiv. Und auch das Marketing von Pure Storage hat es sich etwas kosten lassen, für Aufmerksamkeit zu sorgen – etwa durch die „Love Your Storage Guarantee“. Sie verspricht bei Nichtgefallen der Produkte eine Rückgabe bei voller Kostenerstattung.
Der bisherige schnelle Erfolg und die mit Venture-Capital-Geldern gut gefüllten Kassen haben Beobachter zufolge Pure Storage zu einer gewissen Arroganz verführt. Das aber wird es sich nicht mehr allzu lange leisten können.
Allein die Verteidigung der Marktposition dürfte viel Geld verschlingen. Es bleibt abzuwarten, wie lange sich die Investoren aufs Zuschiessen beschränken und auf eine Exit-Strategie verzichten. HP und Dell kämen zum Beispiel dafür in Frage, Pure Storage zu übernehmen.