Kamera
20.07.2018, 09:45 Uhr
Test: Ezviz S2 lite
Es muss nicht immer eine GoPro sein. Zumindest theoretisch.
Actionkameras sind so eine Sache. Ohne den passenden Lifestyle nützen einem die kleinen Videobegleiter herzlich wenig. Denn für alles, was in eher gemässigtem Tempo abgeht, sind andere Kameras qualitativ überlegen. Ezviz hat jedoch einen Anwendungszweck gefunden, bei dem eine Actionkamera ordentlich punkten kann.
Die S2 lite als Actionkamera
Vermarktet wird die S2 lite hauptsächlich als Actionkamera. Respektive auf der Verpackung als «Aciton Camera» (sic). Auch Formfaktor und Steuerung erinnern stark an eine GoPro. Von der grossen Konkurrenz abheben will sich Ezviz vor allem preislich. Mit einem Neupreis von rund 110 Franken ist die S2 lite deutlich günstiger als eine neue GoPro, die rund 350 Franken kostet. Wo liegen also technisch die Unterschiede?
Zunächst bei der Bildqualität. Die Ezviz S2 lite kann nicht gerade mit schönen Aufnahmen überzeugen. Zumal bei 1080p und 60 FPS Schluss ist. 4K gibt es hier nicht. Zeitlupenaufnahmen sind ebenfalls nur möglich, wenn 30 FPS ausgewählt wird. Daraufhin nimmt die Kamera in 60 FPS auf und verlangsamt die Aufnahme.
Die von Ezviz angepriesene Wide Dynamic Range ist ebenfalls ein wenig euphemistisch. Bei etwas komplexeren Lichtbedingungen, wie beispielsweise im Wald, matscht die S2 einfach alle aufnehmbaren Lichtwerte in eine graue Mitte. Alles, was zu hell oder zu dunkel ist, wird geclippt. Farblich darf man nicht allzu viel erwarten, schon gar nicht ein korrekter Weissabgleich.
Das Sichtfeld ist mit 150° beeindruckend weit. Für brauchbare Videoaufnahmen müssen Sie das Sichtfeld jedoch deutlich beschränken. Der elektronische Bildstabilisator zieht gleich einige Grad aussen weg. Ohne Bildstabilisator sind die Aufnahmen kaum zu gebrauchen. Ebenfalls wichtig ist die Verzerrungskorrektur. Diese verhindert die für Fischaugen-Objektive typischen Verzerrungen, mehr oder weniger auf jeden Fall. Mit beiden Funktionen gleichzeitig aktiv ist die Kamera aber ein wenig überfordert und die Aufnahmen wirken schnell etwas surreal.
Schade ist auch der kleine Akku der Kamera. Viel mehr als zwei Stunden Aufnahme in 1080p 60 FPS hält die Batterie nicht durch. Bei kalten Temperaturen dürfte es noch weniger sein. Auch ist die Kamera nicht wasserdicht, wobei ein wasserdichtes Gehäuse im Lieferumfang enthalten ist. Die Kamera selbst lässt sich mit einem Standard-Stativgewinde befestigen. Das wasserdichte Gehäuse verfügt über eine Schlaufe für Kameragurte oder Ähnliches.
Generell macht die Ezviz S2 lite als Actionkamera keinen besonders guten Eindruck. Die Kamera nimmt Videos sowie Fotos auf und lässt sich relativ angenehm bedienen. Qualitativ darf man aber nicht allzu viel erwarten. Eine gebrauchte GoPro bekommt man z.B. auf Ebay zu einem vergleichbaren Preis mit mehr Funktionalität. Allerdings hat die S2 noch eine zweite Funktion auf Lager:
Die S2 lite als Dashcam
Dashcams sind hierzulande nicht besonders üblich. In Ländern wie Russland oder den USA sind die kleinen Autokameras jedoch weitverbreitet und gerade für rechtliche Situationen äusserst nützlich. Man platziert einfach eine kleine Kamera auf dem Armaturenbrett und lässt sie pauschal alles filmen, was so passiert. Passiert ein Unfall, ist die Situation aufgenommen und kann in allfälligen Streitigkeiten verwendet werden.
Genau für diesen Zweck ist die S2 lite ideal. Die Bildqualität interessiert hier genau niemanden. Wichtig ist nur, dass möglichst viel Szenerie gefilmt wird. Auch die mässige Akkulaufzeit stört niemanden, wenn Sie die Kamera einfach direkt im Auto einstecken. Der Bildstabilisator ist hier auch unwichtig und man benötigt fürs Auto auch keine Kopfgurte oder Helmstative.
Falls Sie also auf der Suche nach einer Dashcam sind, erledigt die Ezviz einen ordentlichen Job zu einem günstigen Preis. Die Nachteile der Kamera machen sich bei dieser Verwendung kaum bemerkbar.
Fazit
Die Ezviz S2 lite ist eine Action- und Dash-Kamera, die eigentlich jede Erwähnung des Wortes «Action» aus seinem Marketingmaterial streichen sollte. Als Actionkamera ist die S2 schlicht nicht gut genug. Als Dashcam reicht sie aber völlig aus und macht ihren Job für den Preis bestens.
Tipp: Die Ezviz S2 und S2 lite sind technisch identisch. Bei der S2 werden jedoch einige Befestigungen mitgeliefert. Bei der S2 lite erhalten Sie nur Kamera, Akku und Unterwassergehäuse.
Ezviz S2 lite
Positiv: Preis, Bedienung
Negativ: Bildqualität, Akkulaufzeit, Kompatibilität
Details: 150°-Fischaugen-Objektiv, 1080p/60 FPS, IPS-Touchscreen, microSD (bis 256 GB), Action-Modus, Dash-Modus, Wi-Fi, Bluetooth, elektronischer Bildstabilisator, Verzerrungskorrektur
Strassenpreis: Fr. 85.–/Fr. 119.–
Info: ezvizlife.com
Negativ: Bildqualität, Akkulaufzeit, Kompatibilität
Details: 150°-Fischaugen-Objektiv, 1080p/60 FPS, IPS-Touchscreen, microSD (bis 256 GB), Action-Modus, Dash-Modus, Wi-Fi, Bluetooth, elektronischer Bildstabilisator, Verzerrungskorrektur
Strassenpreis: Fr. 85.–/Fr. 119.–
Info: ezvizlife.com
Dashcams in der Schweiz: die Rechtslage
Noch etwas unklar ist die Rechtslage der Dashcams in der Schweiz. Da diese Kameras hierzulande sehr selten verwendet werden, gibt es noch keine solide Präzedenz. Grundsätzlich gilt für Foto- und Videoaufnahmen in der Schweiz: Sind einzelne Personen gut erkennbar und nicht in einer Gruppe abgebildet, benötigen Sie für eine Publikation eine schriftliche Erlaubnis. Da Dashcam-Aufnahmen hauptsächlich Autos abbilden und im Normalfall nicht veröffentlicht werden, ist das zumindest in der Theorie kein Problem.
Ob die Aufnahmen dann in einem Unfallszenario vor Gericht verwendet werden können, ist unklar. Ein spezifisches Gesetz dazu existiert nicht, entsprechend liegt es im richterlichen Ermessen, ob die Aufnahmen zugelassen werden oder nicht.
Wie schon bei Navis gilt auch bei Dashcams: Die Geräte sollten die Sicht des Fahrers nicht beeinträchtigen. Bringen Sie eine Dashcam also möglichst weit unten an der Windschutzscheibe an. Durch das Weitwinkelobjektiv der Kameras sollte auch dort genügend Bildmaterial eingefangen werden.