Systemkamera im Test
07.09.2020, 06:00 Uhr
Testbericht Panasonic Lumix S5
Allrounder sind oftmals ein Ansammlung von Kompromissen. Panasonic versucht das zu ändern. Unser Test gibt Aufschluss darüber, ob es geklappt hat.
Gleich aus der Box kann die S5 mit einem wichtigen Punkt überzeugen: Sie liegt ausgezeichnet in der Hand. Der Griff ist so tief wie bei kaum einer anderen Systemkamera. Das bedeutet zwar, dass die S5 fast so dick wie eine DSLR ist, bringt aber auch eine bessere Handhabung mit sich. Für eine Kamera mit Vollformat-Sensor ist die S5 dennoch ziemlich kompakt, denn die Front der Kamera besteht praktisch ausschliesslich aus Objektivbajonett und Griff. Auf der Oberseite arbeitet Panasonic hauptsächlich mit Rädchen. Vier Stück, um genau zu sein. Links des Suchers findet man den Auslöse-Modus (Einzelbild, Serienbild 1, Serienbild 2, Zeitraffer, und Selbstauslöser).
Gleich rechts des Suchers ist das Foto-Modus-Rad. Dort finden Sie die üblichen PASM-Modi, sowie die Vollautomatik (iA), drei benutzerdefinierte Modi (C1, C2, C3), Zeitlupe und Zeitraffer (S&Q), sowie den Film-Modus. Der Ein-Aus-Schalter ist gleich neben dem Modus-Rad platziert und funktioniert ähnlich, wie etwa bei Canon-Kameras. Die Belichtungssteuerung findet grösstenteils über die zwei Räder am rechten Rand statt. Das vordere Rad ist um den Auslöser gewickelt und kontrolliert standardmässig die Blendenöffnung, das hintere Rad liegt in Reichweite des rechten Daumens und ist für die Belichtungszeit verantwortlich. Die Funktionalität kann jedoch auch umgedreht werden. Für Weissabgleich, ISO und Belichtungskorrektur sind drei Knöpfe hinter dem Auslöser angebracht. Drückt man einen davon, wechselt die Funktionalität des hinteren Rades darauf, bis man den Knopf erneut drückt.
Der mittlere ISO-Knopf ist zudem mit kleinen Noppen versehen, damit man ihn auch blind findet. Ideal ist die ISO-Steuerung per Zusatzknopf nicht, aber auch nicht unüblich. Zuletz findet man auf der Oberseite einen grossen, roten Button, etwa in der Mitte zwischen den restlichen Steuerungselementen. Dieser rote Knopf ist nicht etwa für die Selbstzerstörung der Kamera oder die Vernichtung der Konkurrenz verantwortlich, sondern beginnt lediglich eine Videoaufnahme.
Auf der Rückseite erhält man grösstenteils die üblichen Knöpfe und Rädchen. Galerie und Sucher-Modus sind oben links platziert, da man diese Buttons kaum während dem Fotografieren selbst benötigt. Auf der rechten Seite sind alle Knöpfe angebracht, welche man eher mit der Kamera am Auge braucht. In angenehmer Reichweite vom Daumen gibt es Knöpfe für AF-ON, das Q-Menü und den Joystick zum Bewegen des Fokuspunktes. Darunter ein Steuerkreuz mit Menü-Button im Zentrum und einem Auswählrad rundherum. Und zuunterst den Zurück-Knopf für das Menü und den Display-Knopf zum Durchwählen der verschiedenen Display-Modi. Die Platzierung der Knöpfe macht Sinn und das haptische Gefühl ist in Ordnung. Das Steuerkreuz überzeugt hingegen nicht, mit seinem schwammigen Druckpunkt. Blind findet man zudem kaum den richtigen Winkel oder den Menü-Button in der Mitte, da sich dieser haptisch kaum vom Rest abhebt. Das Rad rundherum ist in seiner Funktion als Rad einwandfrei, stört aber die Bedienung des Steuerkreuzes. Glücklicherweise kann man das Steuerkreuz dank dem Rad und den Touchscreen häufig auch einfach ignorieren.
Besonders clever ist das letzte Kontrollelement auf der Rückseite: Die Fokuspunkt-Steuerung. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Auswahlrad mit Knopf im Zentrum. Das Rad kann in drei Positionen geklickt werden: Einmalfokus (S), Kontinuierlicher Fokus (C), oder manueller Fokus (MF). Der Button in der Mitte öffnet die Auswahl der verwendeten Fokuspunkte. Hier kann man beispielsweise den Autofokus auf einen einzelnen Fokuspunkt, eine grössere Region, oder auf Vollautomatik einstellen. Für moderne Systemkameras mit immer ausgeklügelteren Fokussystemen ist so eine Schnellauswahl extrem nützlich. Einziger Nachteil dieser Knopf-Kombo: Sie ist relativ nahe am Sucher angebracht. Wer mit dem linken Auge durch den Sucher schaut, hat schnell seine Nase im Weg.
Bedienung
Im Alltagsgebrauch ist die S5 sehr angenehm zu Bedienen. Die meisten Knöpfe sind sinnvoll platziert, der Griff hält und alles läuft flüssig. Einzig beim Öffnen der Bildergalerie traten in unserem Test einige Verzögerungen auf. Dazu sei aber gesagt, dass wir eine Vorveröffentlichungs-Version der Kamera zum Test erhalten haben. Es ist gut möglich, dass die Performance der Galerie zum Launch der Kamera verbessert wird.
Wie bereits erwähnt ist zudem der separate ISO-Knopf etwas Schade. Mit dem freien Rad auf der Rückseite hätte man dies elegant ohne zusätzlichen Knopfdruck lösen können. Ebenso mit einem Rad für die Blendenöffnung am Objektiv. Darauf setzen Panasonic und seine Mount-Partner Leica und Sigma allerdings nicht. Immerhin ist der Button sehr gut platziert und ermöglicht eine komplett einhändige Bedienung, was beispielsweise bei der Radlösung von Fujifilm nicht (oder nur mit sehr langen Fingern) möglich ist. Das Steuerkreuz kann ebenfalls nicht überzeugen, kann aber grösstenteils ignoriert werden.
Grund dafür ist die exzellente Touch-Steuerung. Diese ist intuitiv und durchgehend gleich zu Verwenden. Viel besser kann man es nicht mehr machen. Es lässt sich sogar einstellen, wie viel Touch denn genau verwendet werden soll. Beispielsweise ob der Autofokus per antippen oder per Feld verschoben werden kann. Ebendiese Touch-Steuerung des Fokuspunktes ist nicht ganz so elegant wie diejenige des Menüs, aber auch nicht schlechter als anderswo. Es lohnt sich zudem, das Q-Menü der S5 ausgiebig anzupassen. Nicht nur ist dieses sehr angenehm zu bedienen, sondern bietet auch viel Platz für eigene Funktionen. Das Hauptmenü der Kamera ist zudem nicht ganz so intuitiv und braucht eine Weile, bis man damit wirklich flüssig klarkommt.
Sensor & Bildqualität
Panasonic ist für viele Fotografen immer noch Synonym mit Micro-Four-Thirds. Der Sensor- und Mount-Standard, der zusammen mit OIympus entwickelt und getragen wurde hat viele Fans, aber auch einen klaren Qualitätsnachteil gegenüber grösseren Formaten. Mit der S-Serie geht Panasonic jedoch einen anderen Weg und verwendet Vollformat-Sensoren. Im Falle der S5 ist es spezifisch ein 24,2-Mpx-Sensor ohne Tiefpassfilter und einer Fünf-Achsen-Bildstabilisierung für bis zu 6,5 Blendenstufen Stabilisierung.
Qualitativ gibt es nichts auszusetzen. Bei Tageslicht macht der Sensor einen unauffälligen Job, was eigentlich ideal ist. In unserem Test sind praktisch alle kleineren Mängel auf das Objektiv zurückzuführen, welches nicht wirklich mit der sonst starken Hardware mithalten kann. Mit einem hochwertigeren Objektiv kombiniert, dürfte die S5 kaum Wünsche offenlassen. Auch bei hohen ISO-Werten schlägt sich die S5 ausgezeichnet. Der native Maximalwert von 51'200 ist wie zu erwarten nicht wirklich brauchbar, aber darunter wird es schnell besser. Bei 12'800 ISO entstehen bereits sehr nutzbare Bilder. Ebenfalls schön: Die S5 schafft ohne Boost 100 ISO (mit Boost bis 50), was an hellen Tagen hilft und nicht bei allen spiegellosen Systemkameras vorhanden ist.
Was Video angeht hat Panasonic einen Ruf zu verlieren. Spätestens seit der ausgezeichneten Lumix GH5 ist Panasonic ein ernstzunehmender Player auf dem Videomarkt. Das ändert sich auch mit dem grösseren Sensor nicht. Die Lumix S5 liefert gestochen scharfes 4K mit 60 FPS, 4:2:2 oder 10bit, alles in der Kamera. Wer 4:2:2 UND 10bit-Farben möchte, benötigt einen externen Recorder, oder muss sich mit 30 FPS zufriedengeben. Für eine Kamera dieser Preisklasse ist das ein beeindruckendes Angebot.
Auch was die weiteren Videofunktionen angeht bietet die S5 so Einiges: Es gibt einen Zeitlupenmodus mit bis zu 180 FPS (bei FHD-Auflösung), einen Zeitraffer-Videomodus mit bis zu 1 FPS mit Ausgabe in 4K60, sowie den speziellen Zeitraffer-Fotomodus mit frei einstellbaren Werten. Auch beim Foto-Timelapse kann das Video direkt in der Kamera generiert werden. Das folgende Video wurde mit 500 Fotos im Abstand von 5 Sekunden fotografiert und in der Kamera gerendert.
Objektiv: Lumix S 20-60 mm ƒ/3.5-5.6
Unser Testmodell kommt mit dem Kit-Objektiv Lumix S 20-60 mm ƒ/3.5-5.6. Dieses Objektiv ist vor allem für vielreisende Einsteiger interessant. Es bietet eine angenehme Abdeckung von Brennweiten und ist für seine Grösse erstaunlich leicht. Wer jedoch maximale Bildqualtität sucht, ist mit anderen Objektiven im Ökosystem deutlich besser beraten. Gerade die maximale Blendenöffnung ist für eine Kamera dieser Preisklasse eher schwach. Im Zweifelsfall sollten Sie eher bei der Kamera als beim Objektiv sparen.
L-Mount und Ökosystem
Das Ökosystem der Lumix-S-Serie ist für eine so neue Serie bereits sehr ansehnlich. Grund dafür ist eine strategisch schlaue Allianz mit Leica und Sigma. Die drei Hersteller verwenden Leicas L-Mount und sorgen so dafür, dass die Objektive untereinander kompatibel sind. Panasonic selbst bietet derzeit selbst nur sieben Objektive an, drei weitere sollen bald erscheinen. Dazu kommen jedoch noch elf kompatible Objektive von Leica, sowie 15 Sigma-Modelle, für ein Total von 33 Objektiven, mit einigen Überlappungen. Die Abdeckung der Objektive ist dabei ebenfalls sehr gut. Alle geläufigen Brennweiten sind verfügbar. Lediglich im extremen Telefoto-Bereich besteht noch eine Lücke. Über 200mm gelangt man bisher nur mit einem Telekonverter. Sofern man also keine Berührungsängste mit Objektiven von Drittherstellern hat, sollte die Auswahl an Linsen für die Lumix-S-Serie kein Problem darstellen.
Ausstattung
Bleiben noch die kleinen Faktoren. Das Display hatten wir bereits bei der ausgezeichneten Touch-Steuerung angesprochen. Aber auch als Display selbst macht es eine gute Figur. Hell genug, leicht dreh-, wend-, und neigbar und durchgehen ordentlich. Gleiches gilt für den elektronischen Sucher, der mit Boost-Modus bis auf 120 FPS gepusht werden kann. Wie schon das Display fällt auch der Sucher kaum gross auf, was ja im Prinzip eine gute Sache ist. Solche Dinge fallen meistens nur negativ auf. Der Sucher der S5 funktioniert schlicht ohne Probleme und macht seinen Job zuverlässig.
Auch bei den Speichermedien geht Panasonic kein Risiko ein. Es gibt zwei schnelle SD-Kartenslots. Keine exotischen Sonderkarten und auch kein einzelner Slot für Backup-Faule. Ebenso die Anschlüsse: Mikrofon, Kopfhörer, HDMI und USB-C, mit dem auch der Akku gleich geladen werden kann. Keine Experimente, keine Kompromisse, nur aktuelle Standard-Ausstattung.
Der richtige Kracher kommt dann aber beim Akku. Dieser hält laut Ratings im Stromsparmodus für satte 1400 Bilder durch. Das ist sogar für eine Spiegelreflex-Kamera ein stattlicher Wert. In unserem Test konnten wir diese Werte durchaus nachvollziehen. Nach zwei Timelapse-Aufnahmen und diversen weiteren Fotos, für insgesamt etwa 700 Auslösungen blieben noch gut zwei Drittel des Akkus übrig. Aufgrund der Funktionsweise von aktuellen Akkus heisst das etwa noch die Hälfte der Laufzeit. Das wohlgemerkt ohne Stromsparmodus und mit 120-FPS-Boost im Sucher, dafür ohne Live-View im Display, nur Touch-Steuerung. Aufgeladen wird der Akku entweder in der Kamera per USB-C, oder im mitgelieferten Lade-Modul. Praktischerweise wird dieses auch per USB-C mit dem Stromnetz verbunden. Sie können als das mitgelieferte Kabel für beide Varianten verwenden.
Fazit
Die Panasonic Lumix S5 ist eine rundum geglückte Kamera, mit fast keinen Schwächen, aber auch wenigen extremen Stärken. Sie bietet alles, was man sich für den Preis etwa wünschen kann. Die Negativpunkte beschränken sich grösstenteils auch Kleinigkeiten, die für einige Nutzer mehr und für andere Nutzer weniger ins Gewicht fallen werden. Wir empfehlen jedoch, das Kit-Objektiv (20-60mm ƒ/3.5-5.6) zu vermeiden, da es mit der starken Leistung des Bodys nicht wirklich mithalten kann. Auffälligste Stärke: Der Akku, der die Konkurrenz ziemlich alt aussehen lässt.
Testergebnis
Note
5
Akkulaufzeit, Ergonomie, Ausstattung
Kit-Objektiv, Steuerkreuz
Details: 24.4 Mpx Vollformat-Sensor, 5-Achsen-Stabilisierung, ISO 100-51'200 (nativ), 7 Bilder/s, 4K-Foto mit 30 Bilder/s, 4K/60 4:2:0 10bit, 4K/30 4:2:2 10bit, FHD/180, Touch-LCD, USB-C, HDMI, 2× 3,5mm Audio (Mic + Kopfhörer), 2× SD 712g (mit Akku und SD-Karte)
Preis: Fr. 2199.- (ohne Objektiv)
Infos:Anmerkung zur Note: 1: unbrauchbar • 1,5: sehr schlecht • 2: schlecht • 2,5: ungenügend • 3: genügend • 3,5: ordentlich • 4: gut • 4,5: sehr gut • 5: ausgezeichnet