Vlogging-Kamera
26.09.2022, 14:04 Uhr
Nikon Z30 im Test
Vlogging ist das Kamera-Schlagwort der Stunde und Nikon hat mit der Z30 ein neues Modell am Start, das für die Selbstinszenierung ideal sein will.
Nach dem etwas verschlafenen Übergang in die spiegellose Kamerawelt drückt Nikon jetzt so richtig auf die Tube und lanciert Kamera um Kamera. Die exzellenten Z-Kameras haben das Fundament gelegt und die kleineren APS-C-Modelle kommen jetzt nach. Und ein Trend macht sich hier besonders bemerkbar: Video killt Foto. Die Content-Ersteller von heute brauchen Bewegtbilder. Auf TikTok geht es gar nicht anders und auch andere Plattformen bewegen sich mehr und mehr weg von Fotos und Texten, hin zu Videoinhalten. Fotos bleiben zwar wichtig, schliesslich braucht man noch Profilbilder, Thumbnails und Co., der Hauptinhalt ist bewegt.
Nikon legt daher die APS-C-Kameras der Z-Serie stark auf Video aus. Insbesondere sollen mit der kompakten und günstigen Z30 Vlogger abgeholt werden. Dieser Anspruch kommt mit einigen Anforderungen. Vlogging braucht neben guter Videoqualität vor allem ein handliches Format und eine Bedienung, die auch im Alleingang gut funktioniert. Direkte Konkurrenz gibt es für Nikon hauptsächlich von Sony, die neben der ultrahandlichen RX100-Serie auch neu die ZV-Kameras, speziell für Vlogger, im Angebot haben. Was also hat Nikon der Z30 gegeben, um auf dem Vlogging-Markt bestehen zu können?
Ausstattung & Bedienung
Das erste Must-Have können wir gleich abhaken: Die Z30 hat ein drehbares Display, mit dem man sich leichter selbst filmen (und fotografieren) kann. Eine Kamera als Vlogging-Kamera zu bezeichnen, ohne ein drehbares Display zu verbauen, wäre auch schon fast Etikettenschwindel. Dazu gibt es ein eingebautes Stereo-Mikrofon für besseres Audio, auch ohne externes Mikrofon. Das hilft wiederum dabei, das Setup kompakt zu halten, was für Vlogging angenehm ist. Eine weitere Vlogging-spezifische Neuerung ist ein kleines, rotes Lämpchen auf der Front, das anzeigt, wenn man filmt. Zwar nicht unbedingt nötig, wenn man sowieso das Display nach vorne dreht, aber dennoch nett.
Nikon hat zudem die Anordnung der Knöpfe leicht verändert (im Vergleich zu bisherigen Z-Modellen). Allem voran wurde ein grosser Aufnahme-Knopf auf der Oberseite angebracht. Sehr schön für die weniger fotografisch Begeisterten: Das Daumenrad bedient auch im Auto-Modus die Belichtungskorrektur, was besonders für Video und das gelegentliche Thumbnail Gold wert ist. Profi-Fotografen wechseln natürlich lieber in den manuellen Modus, der ebenfalls zur Verfügung steht.
Ansonsten ist die Ausstattung der Z30 eher spartanisch gehalten, schliesslich soll die Kamera kompakt und simpel sein. Als Speicher gibt es einen einzelnen SD-Kartenslot und damit leider keine Option für Overflow-Aufnahmen oder Duplikat-Backups. Was ebenfalls fehlt, ist ein Kopfhörer-Ausgang. Ob dieser wirklich nötig ist, wird wahrscheinlich eine längere Sitzung bei Nikon ausgelöst haben, denn es gibt gute Gründe in beide Richtungen. Einerseits ist ein Kopfhörer-Ausgang praktisch, um die Audioqualität zweifelsfrei überprüfen zu können, andererseits stehen die meisten Vlogger nicht mit Kopfhörern vor der Kamera. Was uns davon bleibt: Die Kamera wäre mit Kopfhörer-Ausgang besser, ist aber auch ohne gut, und die Abdeckung der Steckplätze ist so oder so Mist, egal was sich darunter befindet. Nikon setzt hier auf eine gummige Abdeckung, die fummelig ist, nur sehr mühselig wieder schliesst, und wahrscheinlich bei häufigem Gebrauch schnell in die ewigen Jagdgründe eingeht.
Was den Akku angeht, kann Nikon nicht ganz mit Sony mithalten. Verwendet wird der gleiche EN-EL25 wie bei der Z50 und der Z fc. Dieser liefert laut CIPA-Wertung 330 Bilder pro Ladung. Die CIPA-Wertung ist jedoch sehr streng. Über 500 Bilder sollten unter mehr oder weniger normalen Bedingungen gut machbar sein. Mit diesem Wert liegt Nikon etwa im Mittelfeld vergleichbarer Kameras. Wo Nikon hingegen schon lange Spitze ist: die Bedienung. Auch bei der kleineren Z30 findet man sich schnell zurecht. Mit Ausnahme des etwas hakeligen Steuerkreuzes sind alle Buttons gut erreichbar und angenehm zu verwenden. Dazu kommt ein Touch-Display und die von Nikon gewohnt übersichtliche Menüführung. Letztere ist auch für einen Fuji-Nutzer wie mich sofort verständlich und logisch. Anders als gewisse andere Hersteller auf dem Vlogging-Kamera-Markt *hust* Sony *hust*.
Sensor & Bildqualität
Zur Bildqualität der Z30 gibt es erstaunlich wenig zu sagen. Sie ist weder besonders überragend, noch in irgendeinem Bereich auffällig schwach. Die Z30 leistet ziemlich genau, was man von einer Kamera in dieser Preisklasse erwarten kann, sowohl bei Fotos als auch bei Videos. Der 21-Mpx-Sensor liefert die von Nikon gewohnten, natürlichen Farben mit genug Details für den Anwendungszweck.
In Sachen Video kann die Z30 UHD-Aufnahmen mit bis zu 30p ohne Zuschnitt. Für einfache Zeitlupen sind 120p bei FullHD möglich. Ein «echtes» Log-Profil gibt es nicht, dafür aber eine «Flat»-Einstellung, die einfache Farbbearbeitung ermöglicht und leicht zu verwenden ist. Da die Z30 mit SD-Karten arbeitet, halten sich die Bitraten im üblichen Rahmen von normalen Consumer-Kameras. Für mehr Datenvolumen wären teure CFexpress-Karten oder externe Speichermedien nötig, was nicht unbedingt im Sinn des Anwendungsbereiches ist.
APS-C ist für eine Vlogging-Kamera zudem eine sinnvolle Sensorgrösse. Im Vergleich zu Vollformat spart APS-C Platz und Kosten, kann aber dennoch ein angenehmes Bokeh (Hintergrundunschärfe) produzieren, was bei kleineren Sensoren oft schwierig wird. Dafür braucht man aber auch ein entsprechendes Objektiv, was aktuell noch ein Problem sein kann.
Objektive & System
Die grösste Schwäche der Nikon-APS-C-Kameras ist das schmale Angebot an Objektiven. Aktuell bietet Nikon gerade einmal drei (3) Objektive für das APS-C-System (auch DX genannt) an. Die maximale Blendenöffnung aller drei Objektive zusammen: ƒ/3.5. Dazu muss man sagen: Für den Hauptzweck der DX-Kameras, nämlich dem Vlogging, ist das nicht unbedingt ein Problem. Hier ist es sogar okay, die Blendenöffnung eher mittig zu halten, dass auch alles schön im Fokus bleibt. Aber: Ein paar schöne, Bokeh-haltige Einblenderaufnahmen werten jedes Vlog sofort massiv auf. Und genau für solche Beauty-Shots sind die drei verfügbaren DX-Objektive nicht wirklich geeignet. Zudem wird eine Aufnahme bei schlechtem Licht so schnell schwierig und von der ISO-Leistung abhängig. Mit einem lichtstärkeren Objektiv könnte man hier einen besseren Mittelweg zwischen Tiefenschärfe und Bildrauschen finden.
Dazu sei gesagt: Die Vollformat-Objektive der Nikon-Z-Serie sind auf der Z30 verwendbar, werden aber in der Brennweite zugeschnitten. Rechnen Sie dazu die Brennweite mal 1,5 für den äquivalenten Bildausschnitt. Schaut man sich das aktuelle Nikon-Z-Objektivangebot an, merkt man schnell: Das wird schwierig mit dem für Vlogging so wichtigen Weitwinkel. Für weniger als 1300 Franken gibt es maximal 24 mm, umgerechnet 36 mm auf dem DX-Sensor. Dann aber nicht stabilisiert und mit kaum besserer maximaler Blendenöffnung. Am ehesten würde also eine Kombination funktionieren: das Kit-Objektiv für Vlogging und dann eine Festbrennweite wie das 28 mm ƒ/2.8 oder das 40 mm ƒ/2 für Beauty-Shots. Beide sind für rund 300 Franken erhältlich, aber nicht stabilisiert. Sie müssten dann den digitalen Stabilisator der Kamera verwenden (erhöht den Zuschnitt weiter) oder ein Stativ mitschleppen.
Neben verschiedenen Objektiv-Bundles bietet Nikon auch ein «Vlogging Kit» an, welches eine kleine Ansammlung an Zubehör für angehende Vlogger beinhaltet. Dieses beinhaltet einen Windschutz für das eingebaute Mikrofon, eine Tischstativ-Handgriff-Kombo von Smallrig und eine Bluetooth-Fernbedienung. Das Kit ist in Kombination mit der Kamera erhältlich, für einen Aufpreis von etwa 150 Franken.
Fazit
Die Nikon Z30 ist eine solide Vlogging-Kamera. Erstmals verbaut Nikon Features, die wirklich auf Vlogging abgestimmt sind und bietet dazu ein praktisches Vlogging-Kit an. Das kompakte System bleibt trotzdem gut bedienbar und ist leicht zu verstehen. Das schwache Angebot an sinnvollen Objektiven bleibt hingegen ein klarer Makel.
Testergebnis
Bedienung, Ergonomie
Objektivangebot, kein IBIS
Details: 21 Mpx, APS-C, ISO 100-51200, elektronischer Bildstabilisator, 3-Zoll-Touch-Display, 11 FPS, UHD 3840 × 2160/30p, 1 SD, UHS-I, USB-C, HDMI-D, Mikrofonanschluss, WiFi, 405 g
Preis: ab Fr. 765.-
Infos: