Katastrophe
20.05.2019, 09:45 Uhr
Huawei verliert die Android-Lizenz und somit Updates, Apps und Google-Dienste
Katastrophe für den chinesischen Hersteller: Ab sofort bekommen Huawei-Smartphones keine Android-Updates mehr. Zukünftigen Handys wird zudem auch der Zugang zu sämtlichen Google-Diensten verwehrt bleiben.
Das dürfte ein schwarzer Tag für Huawei, aber auch für alle Huawei-Handy-Besitzer eine Katastrophe sein: Gemäss eines Berichts der Nachrichtenagentur Reuters kappt der amerikanische Suchmaschinenriese Google respektive der Mutterkonzern Alphabet sämtliche Leinen zum Smartphone-Hersteller Huawei. Dem Hersteller werden dazu sämtliche Lizenzen entzogen – davon betroffen sind unter anderem aktuelle Top-Mobiltelefone wie das P30, P30 Pro sowie die Mate-Serie, aber auch aktuelle Notebooks, die der chinesische Hersteller derzeit verkauft.
Folge des Wirtschaftsstreits
Die Sanktionierung von Huawei ist die direkte Folge des Wirtschaftsstreits zwischen den USA und China. Beschleunigt haben das Verbot zudem auch die anhaltenden, allerdings bis dato offiziell nicht bewiesenen Spionagevorwürfe seitens der US-Regierung. Konkret bedeutet das Verbot: Für künftige Huawei-Handys wird es zum jetzigen Stand keine Google-Apps wie etwa Gmail oder Maps mehr geben, auch auf den Play Store und Play Store Services werden diese nicht mehr zugreifen können.
Aktuelle Huawei-Handys funktionieren grundsätzlich gleich wie bisher, bekommen von Google allerdings keine Android-Betriebssystem-Updates mehr. Sicherheitspatches kann der chinesische Hersteller nur noch im Rahmen des Android Open Source Projects ausliefern.
Das Ende vor dem Anfang: Huawei Mate 30
Es stellt sich nun die Frage, wie es mit Huawei und seinen zukünftigen Produkten weitergeht – wie etwa dem Mate 30. Das zukünftige Top-Handy ist wohl das erste und prominenteste Opfer der Sanktionen. Dessen Marktstart, der für das zweite Quartal 2019 geplant ist, steht nunmehr in Frage, und könnte nach dem Entscheid verschoben oder auch komplett abgesagt werden. Ein möglicher Ausweg als Alternative (an der Huawei übrigens schon länger bastelt) ist die Entwicklung eines eigenen Betriebssystems für die Handy-Produkte. Wie weit dieses tatsächlich fortgeschritten ist, muss sich allerdings noch zeigen. Nicht betroffen von der Sanktion sind übrigens Dienste und Software, die mit Open-Source-Lizenzen abgewickelt werden. Hierbei dürfte es sich allerdings um einen sehr kleinen Anteil handeln.
Huawei trockengelegt
Das steckt dahinter: Insider dürfte dieser Entscheid hingegen kaum überraschen. US-Präsident Trump hat bereits in den vergangenen Tagen ein Dekret zum Verbot von Huawei-Produkten unterzeichnet, das sämtliche Google-Aktivitäten mit Huawei unverzüglich auf Eis legen soll. Nach unseren Informationen werden auch die amerikanischen Chiphersteller Qualcomm, Broadcom und Intel auf Anweisung der US-Regierung ab sofort keine Chips mehr an Huawei ausliefern. Computerworld hat bezüglich der gesamten Problematik ein offizielles Statement bei Huawei Schweiz angefordert. Dieses steht allerdings noch aus. Hingegen gibt es immerhin seitens Google ein erstes Statement: «Für Fragen von Huawei-Anwendern zu den jüngsten Massnahmen der US-Regierung: Wir versichern Ihnen, dass Dienstleistungen wie Google-Play-&-Security von Google-Play-Protect auf Ihrem bestehenden Huawei-Gerät weiterhin funktionieren werden, während wir alle US-Vorschriften einhalten».
Kommentar: nichts als Verlierer
Mit der Entscheidung, Huawei-Handys in solch einer Art und Weise zu sanktionieren, ist der Wirtschaftsstreit zwischen der USA und China spätestens jetzt auch direkt beim Endanwender angekommen. Unterm Strich gibt es aber nur Verlierer.
Huawei-Handys sind aufs Trockene gelegt. Damit dürften Huawei-Produkte ausserhalb von China schnell wie Blei in den Verkaufsregalen der Händler liegen. Zudem zeigt es nicht nur, wie stark die Abhängigkeiten mittlerweile im Handy-Geschäft geworden sind, sondern auch, wie zerbrechlich das ganze Handy-Ökosystem ist.
Google als Software-Lieferant erscheint zumindest nach aussen hin in einem rückgratlosen Licht. Der Software-Riese muss sich von der Trump-Regierung sagen lassen, was er zu tun hat und was nicht.
Und der Anwender? Er ist verunsichert, weil er schlicht nicht weiss, wie es mit seinem (teils sehr teuer erworbenen) Huawei-Handy weitergeht. Im schlimmsten Fall droht der Gau; ein kürzlich gekauftes Huawei-Handy zu besitzen, das spätestens in knapp einem halben Jahr bezüglich App-Software, Betriebssystem und Sicherheitspatches zum alten Eisen zählt.
Die Gretchenfrage, die es schnellstmöglich zu beantworten gilt: Gibt es einen Ausweg, die Kuh noch rechtzeitig vom Eis zu holen? Das können wohl nur die chinesische und US-Regierung gemeinsam beantworten. Sicher hingegen dürfte eines sein: Je länger nichts geschieht, desto verhärteter werden die Fronten, und umso schwieriger wird es unterm Strich sein, die geschaffene Realität auch wieder umzukehren.