Offline als Funktion
16.11.2022, 09:37 Uhr
So geht Streamen ohne Internet
Unterwegs per Smartphone Musik hören oder Filme schauen, ganz ohne Ladeprobleme. Die Offline-Funktion vieler Streaminganbieter macht es möglich. Wie das klappt, was es kostet - und was verboten ist.
Er ist so unbeliebt, dass er nicht mal einen Namen hat: der kleine, rotierende Kreis in der Mitte des Bildschirms, der beim Nachladen von Videos zu sehen ist. Buffer Icon nennt man ihn auf Englisch. Wer unterwegs auf Streamingdienste oder Mediatheken zugreift, kennt ihn notgedrungen. Aber: Mit einer Offline-Funktion lässt sich Lade- und Warterei oftmals umgehen.
Medieninhalte aus Onlineangeboten offline zu nutzen, ist unkomplizierter als es sich anhört. Fast alle Streaminganbieter setzen in ihren Apps auf die Funktion, Inhalte zwischenzuspeichern und später ohne Internetverbindung abrufen zu können.
Das nutzen nicht nur Pendler, sondern «gerade auch Eltern, die vor Reisen Inhalte für ihre Kinder auf Tablet oder Smartphone laden», sagt eine Sprecherin des für die ARD-Mediathek zuständigen SWR.
Die Vorteile lägen auf der Hand, meint der Münchner Streaming-App-Experte Maximilian Reichlin: «Durch das Feature lassen sich Filme und Serien auch dann geniessen, wenn die Verbindung schlecht ist oder stark schwankt, beispielsweise in Haushalten mit mässigem Empfang oder unterwegs.»
Offline-Funktion kann kosten
Die Offline-Funktion ist nicht immer umsonst. «Vor allem im Musikstreaming mit werbefinanzierten Freemium-Modellen ist so eine Funktion ein Anreiz, auf ein bezahltes Konto umzusteigen», sagt Reichlin. So wirbt Spotify-Konkurrent Deezer: «Keine Internetverbindung? Kein Problem.» Auch bei Youtube und anderen Videostreaming-Anbietern mit einem Gratis-Angebot ist das Offline-Feature zahlenden Kunden vorbehalten.
In den öffentlich-rechtlichen Mediatheken-Apps von ARD, ZDF, Arte oder auch 3sat ist die Funktion dagegen kostenlos. Und bei Streaminganbietern à la Netflix oder Disney+ gibt es ohnehin keine freien Inhalte, die Offline-Funktion gehört zum Abo.
Heruntergeladene Inhalte von Streaming-Anbietern oder Mediatheken sind aber nicht ewig verfügbar. «Anders als bei einem vollständigen Download kann ein Inhalt hier nur innerhalb einer App geschaut werden», sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke. Dann kommt es darauf an, wie lange die jeweiligen Lizenzen laufen.
Wenig ist von Dauer
Auch die öffentlich-rechtlichen Mediatheken können viele ihrer Inhalte nur für eine gewisse Verweildauer anbieten. Danach verschwindet der jeweilige Inhalt aus der Offline-Bereitstellung. Und überhaupt ist nicht alles offline verfügbar. «Beispielsweise im Sport ist das nicht immer möglich», erklärt ein ZDF-Sprecher.
«Da haben es Plattformen wie Netflix oder Disney+ leichter, weil sie grossteils auf eigene Inhalte setzen», sagt Maximilian Reichlin.
Der Neigung vieler Nutzerinnen und Nutzer zum Horten von Inhalten zum Trotz: Gespeichertes, das verfügbar ist und bleibt, sollte irgendwann auch wieder «entsorgt» werden. Reichlin rät zum regelmässigen Aufräumen der Download-Listen. In der ARD-Mediathek gibt es auf Android-Geräten systembedingt eine Begrenzung auf 50 Offline-Inhalte.
Der Sammeldrang bei Audio- und Video-Material ist nichts Neues: «Schon zur Zeit der VHS-Kassette wurden die meisten Aufnahmen nie gesehen», sagt Prof. Hallenberger. Im Vergleich zum Videoband hätten sich die technischen Möglichkeiten aber deutlich verbessert: «Speichervolumen ist heute sehr kostengünstig zu erwerben.»
Interner Speicher ist Trumpf
Doch nicht alles lässt sich mit SD-Karten oder USB-Sticks regeln. So ist beispielsweise in der ARD-Mediathek, aber auch in vielen anderen Apps das Verschieben der Daten vom internen Speicher des Geräts auf ein externes Speichermedium nicht möglich.
Wie auch immer: Heruntergeladene Inhalte sind nicht für die Ewigkeit. Wahrscheinlich sollte man sich damit abfinden. Auch wenn das einem inneren menschlichen Drang entgegensteht: «Abgesehen von Funklöchern und Datenvolumen geht es vor allem um von Jugend auf gelernte Konzepte von Besitz und Verfügbarkeit», sagt Prof. Hallenberger. Und natürlich um die tiefe Angst vor dem Buffer Icon. Von Johannes Hülstrung, dpa