Service ausbaufähig
06.02.2017, 09:17 Uhr
Vernetzte Kunden wollen Service via Social Media
Zu wenige Unternehmen sind für Beratung via Facebook, Video, Chat & Co. gerüstet, obwohl immer mehr Kunden ein Service-Angebot über Social Media einfordern.
Service-Wüste Deutschland: Laut einer Umfrage des ITK-Verbands Bitkom ist jeder Zweite hierzulande mit dem Kundenservice von Unternehmen unzufrieden.
Dass die Schere zwischen dem Anspruch der Unternehmen und der Wahrnehmung der Kunden noch immer weit auseinanderklafft, belegt auch eine globale Studie des Marktforschungsinstituts Ovum im Auftrag der Software-Hersteller BoldChat und LogMeIn. Dort wurden Konsumenten unter anderem danach befragt, wie viele Interaktionen notwendig seien, um ihr jeweiliges Problem zu lösen. Auf der anderen Seite wurden Manager von Service-Centern befragt, wie häufig Kunden ihr Unternehmen kontaktieren müssten, um ein Problem zu beheben. Während die Konsumenten angaben, dass im Schnitt sechs Interaktionen notwendig seien, waren die Service-Manager der Meinung, ein bis zwei Kontakte würden reichen. Wie kommt diese Diskrepanz zustande?
Ein Grund könnte sein, dass 71 Prozent der Befragten zunächst im Internet nach Informationen suchen und sich erst dann an ein Service-Center wenden. Doch die Mehrheit der Unternehmen (52 Prozent) trackt das Online-Verhalten ihrer Kunden nicht – und wiegt sich somit in falscher Sicherheit. Denn, auch das ist ein Ergebnis der Studie, 82 Prozent der Konsumenten gaben an, dass sie einem Unternehmen nach schlechter Service-Erfahrung den Rücken kehren würden. Und 43 Prozent sind der Meinung, dass es in den vergangenen zwei Jahren schwieriger geworden sei, Kontakt mit passenden Ansprechpartnern aufzunehmen. Die Hälfte der Befragten ist zudem frustriert von automatisierten Support-Systemen.
Digitale Kunden mit Anspruch
In der Studie wurden die Konsumenten aber auch danach befragt, welche Interaktionsform sie präferieren: 68 Prozent der Kunden glauben demnach, dass Anrufe nach wie vor der schnellste Weg zur Problemlösung sind.
Beliebt sind die Hotlines deswegen aber noch lange nicht, denn 78 Prozent würden einen Non-Voice-Kanal bevorzugen, wenn dies dazu führen würde, dass ihr Problem beim ersten Versuch gelöst wird.
Und 60 Prozent der Kunden wünschen sich einen verbesserten Zugang zu Websupport-Kanälen wie Social Media, Communities und Foren sowie Live-Chat. Vor allem Letzterer wird immer beliebter: Während 2014 noch 33 Prozent der Befragten diese Kommunikationsform nutzten, waren es bei der aktuellen Studie immerhin 44 Prozent.
Wenig erstaunlich: Das Smartphone wird auch für den Dialog mit Contact-Centern immer wichtiger: 58 Prozent der Kunden nutzen es, um mit dem Kundenservice in Kontakt zu treten, 64 Prozent besuchen mobile Websites bei der Suche nach einer Problemlösung.
Der Kunde, so das zentrale Ergebnis der Studie, ist heute rund um die Uhr vernetzt und erwartet neben einem direkten Zugang zu Informationen auch einen schnellen, effizienten und reibungslosen Service. Allerdings, und hier zeigt sich das Problem, können viele Unternehmen diese Bedürfnisse nicht erfüllen – denn häufig sind die Service-Center mit getrennt voneinander arbeitenden, alten Systemen ausgestattet.
Cross-Channel-Konzepte zur Kundenbetreuung
Cross-Channel-Konzepte, bei denen Kunden über alle Kanäle bedient werden können, sind auch heute noch eher die Ausnahme als die Regel. Dies zeigt eine Befragung des Callcenter-Experten Business Systems Integration, die im vergangenen Frühjahr bei Betreibern von Contact-Centern durchgeführt wurde. Zwar sind sich 99 Prozent der Befragten bewusst, dass eine Vernetzung der Kanäle notwendig ist – doch vor allem technische Hürden führen oft dazu, dass am Ende doch mit Insellösungen gearbeitet wird.
An erster Stelle wird hier die technische Einbindung neuer Kanäle wie Chat, Facebook & Co. genannt (49 Prozent), dicht gefolgt von der technischen Integration der alten Kanäle wie Telefon, E-Mail oder dem guten alten Brief. Eine Herausforderung ist es für viele Contact-Center-Betreiber aber auch, Mitarbeiter zu finden, die sämtliche Kanäle bedienen können.
Immerhin haben viele Unternehmen erkannt, dass es deutlichen Nachholbedarf gibt – und sie sind auch bereit, dafür zu investieren; vor allem in die Digitalisierung der Service-Abwicklung und der Kundenkommunikation – des sogenannten Customer Experience Managements (CEM).
Höhere Investitionen
Die Marktforscher von Sopra Steria Consulting haben dazu in Deutschland Chefs von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern befragt: Die Hälfte der Firmen stellt demnach höhere Budgets für die IT-Unterstützung der Kundeninteraktion zur Verfügung als im vergangenen Jahr, bei Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern sind es sogar 57 Prozent. Nur 4 Prozent haben ihre Budgets gekürzt oder gar keine
Investitionen für CEM-Projekte eingeplant.
Investitionen für CEM-Projekte eingeplant.
Investitionen sind hier aber auch dringend notwendig, denn ein verärgerter Kunde kehrt einem Unternehmen sehr schnell den Rücken. Umgekehrt sind Kunden auch häufig bereit, für ein Produkt mehr zu bezahlen, wenn der Service sie begeistert. Die Kommunikation mit den Kunden zu modernisieren ist deshalb Pflicht, nicht Kür.