Twitter will Musk nicht so einfach aussteigen lassen
Twitters Verwaltungsratschef Taylor siegesgewiss
Twitters Verwaltungsratschef Bret Taylor zeigte sich überzeugt, dass man sich in einem Rechtsstreit durchsetzen würde. Doch einige Experten sehen ein grosses Problem: Was, wenn Musk sich dem Urteil einfach nicht beugt? «Man steckt Leute nicht ins Gefängnis, nur weil sie etwas nicht kaufen», sagte etwa Zohar Goshen, Professor an der Columbia Law School dem «Wall Street Journal».
Musk und Twitter haben eine Strafe von einer Milliarde Dollar vereinbart, falls eine Partei den Deal nicht umsetzen kann. Dabei geht es aber eher um Probleme wie eine gescheiterte Finanzierung.
Twitter schätzt - und zwar schon seit Jahren - dass die Zahl der gefälschten Accounts unter den zuletzt 230 Millionen täglich aktiven Nutzern weniger als fünf Prozent beträgt. Das liege auch daran, dass das Unternehmen täglich rund eine Million Versuche blockiere, neue Spam-Profile anzulegen. Musk zweifelte das an - bereits nachdem er die Übernahmevereinbarung unterschrieben hatte. Zugleich kann er nicht behaupten, dass er überrascht wurde: Sogar bei Bekanntgabe der Kaufpläne kündigte er an, er wolle bei Twitter die automatisierten Bot-Accounts besiegen, «oder bei dem Versuch sterben».
Musk ist bereits Twitter-Grossaktionär mit einem Anteil von gut neun Prozent, den er vor Ankündigung der Übernahmepläne an der Börse zusammenkaufte. Auch hier gab es Ärger. So hielt Musk die Frist nicht ein, in der das Überschreiten der Marke von fünf Prozent öffentlich gemacht werden muss. Da nach dieser Mitteilung der Aktienpreis hochsprang, wird Musk in einer Anlegerklage vorgeworfen, er habe mit der Verzögerung viel Geld beim Kauf weiterer Anteile gespart.
Auch wenn Musk betonte, es gehe ihm bei dem Twitter-Deal nicht um Geld, so hätte er dafür doch einen Teil seines Vermögens einsetzen müssen. Der Chef des Elektroautobauers Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX ist zwar der mit Abstand reichste Mann der Welt - sein auf über 220 Milliarden Dollar geschätzter Besitz besteht jedoch hauptsächlich aus Aktien. Um Geld flüssig zu machen, trennte er sich zum Teil von Anteilsscheinen. Auch wollte er Kredite aufnehmen und andere Geldgebern ins Boot holen. Die Tesla-Aktie legte im nachbörslichen Handel um 2 Prozent zu - seit Ankündigung der Twitter-Übernahmepläne war der Kurs um rund 30 Prozent abgesackt.
Gegründet 2006, wurde Twitter zur Plattform, über die sich News am schnellsten verbreiten. Dem Online-Dienst machte aber schon vor dem Übernahmedrama langsames Wachstum zu schaffen. Zuletzt kürzte Twitter Ausgaben durch einen Einstellungsstopp - auch das führten Musks Anwälte nun als unwillkommenen Eingriff in das Geschäft an.
Dass überhaupt versucht wird, Übernahmen in dieser Grössenordnung abzublasen, passiert selten, kommt aber vor. So wollte das französische Luxusartikel-Konglomerat LVMH 2020 die Übernahme des US-Juweliers Tiffany unter Verweis auf Geschäftseinbrüche in der Corona-Pandemie absagen. Der Rechtsstreit endete damit, dass Tiffany ein niedrigeres Gebot von 131,5 Dollar pro Aktie statt der ursprünglichen 135 Dollar akzeptierte.