09.10.2013, 00:00 Uhr

Schweizer Bundesrat will kein Spezialgesetz für soziale Netzwerke

Soziale Netzwerke wie Twitter, Blogs oder Facebook stellen das Recht vor neue Herausforderungen. Diese sind jedoch nicht durch ein eigenes Spezialgesetz zu bewältigen. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht des Bundesrates in Beantwortung des vom Nationalrat überwiesenen Postulats Amherd zur Rechtslage in Bezug auf Social Media.
In verschiedenen Bereichen wird nun vertieft geprüft, ob es neue Vorschriften braucht. Dies gilt etwa für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern und Providern sowie für deren Pflichten nach Fernmelderecht.

Der Bericht des Bundesrates "Rechtliche Basis für Social Media" stellt fest, dass aufgrund der bisherigen Erfahrungen keine grösseren Regelungslücken im schweizerischen Recht aufscheinen. In sozialen Netzwerken gelten die allgemein gehaltenen Regelungen in bestehenden Gesetzen (zum Beispiel dem Datenschutzgesetz oder dem Zivilgesetzbuch). Diese Vorschriften erlauben bei umsichtiger Anwendung eine angemessene Antwort auf die meisten Probleme, welche die Plattformen für Betroffene und die Allgemeinheit schaffen oder schaffen könnten. Der Bundesrat stellt aber fest, dass ungewiss ist, ob sich die Rechtsansprüche in der Praxis auch durchsetzen lassen. Die Steuerungsmöglichkeiten der schweizerischen Behörden sind hier beschränkt, weil es oft um ausländische Vorgänge geht.

Pflichten von Plattformbetreibern und Providern

Wer auf Social Media rechtswidrige Inhalte publiziert, kann dafür juristisch verantwortlich gemacht werden. Der Bericht erachtet hingegen die Verantwortlichkeit von Dienstleistern, die den Zugang zu einem Netzwerk ermöglichen (zum Beispiel den Betreibern von Social Media-Plattformen und den Internetprovidern) als weniger klar. In dieser Hinsicht gibt es gerade aus zivilrechtlicher Sicht offene Fragen, wie auch das Bundesgericht festgestellt hat. Der Bundesrat beauftragt folglich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) abzuklären, ob im Bezug auf die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Dienstleistern gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Sollte dies der Fall sein, arbeitet das EJPD bis Ende 2015 eine Vernehmlassungsvorlage aus.

Geprüft wird auch, welche Regeln des Fernmelderechts künftig für Social-Media-Plattformen gelten sollen. Sie sind bisher den Vorschriften des Fernmeldegesetzes (zum Beispiel Meldepflicht, transparente Preisgestaltung, Bekämpfung von Spam) nur ausnahmsweise unterworfen. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) wird diesen Fragen im Rahmen einer späteren Revision des Fernmeldegesetzes (FMG) nachgehen.

Weitere spezifische gesetzliche Regelungen

Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Verlauf der Zeit weitere Rechtsnormen angepasst werden müssen. So identifiziert der Bericht verschiedene datenschutzrechtliche Probleme im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken. Sie betreffen die mangelnde Kontrolle der Nutzenden über ihre Daten, wie das Erstellen von Persönlichkeitsprofilen oder das Recht auf Vergessenwerden im Internet. Eine breit abgestützte Expertengruppe unter Federführung des EJPD analysiert derzeit das gesamte Datenschutzgesetz und seine Durchsetzungsmassnahmen und nimmt auch Fragen auf, welche die sozialen Netzwerke betreffen.

Darüber hinaus laufen gegenwärtig Abklärungen, ob es auf Bundesebene neue rechtliche Grundlagen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen braucht. Diese Analyse geschieht im Rahmen des vom Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) betreuten nationalen Programms "Jugend und Medien".

Die laufenden Aktivitäten in den Bereichen Datenschutz, Jugendschutz und Fernmelderecht betreffen nicht ausschliesslich Social Media. Die Aktivitäten der verschiedenen Gremien sollten aber auch in diesem Bereich ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Der Bundesrat wird die unterschiedlichen Arbeiten verfolgen und bis Ende 2016 eine erneute Standortbestimmung unter dem Blickwinkel einer befriedigenden Regelung der sozialen Netzwerke vornehmen.

Information und Sensibilisierung

Rechtliche Regeln allein reichen nicht aus, um den Risiken und Chancen sozialer Netzwerke zu begegnen. Es braucht auch Information und Sensibilisierung aller Betroffenen. Der Bundesrat hält daher fest, dass die bisherigen Massnahmen zur Förderung des Problembewusstseins zu stärken sind. Dies gilt insbesondere für den Ausbau der Medienkompetenz der Bevölkerung und speziell von Kindern. (ph) http://www.admin.ch



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