Kampf geht weiter
08.07.2016, 08:41 Uhr
BÜPF-Referendum gescheitert
Das Stop-Büpf-Komitee gibt auf. Die benötigten Unterschriften für ein Referendum konnten nicht rechtzeitig eingereicht werden. Am Ende stolperten die Verantwortlichen über viele Widrigkeiten - nicht zuletzt sich selbst.
45‘240 Stimmen trafen heute um 12.00 Uhr bei der Bundeskanzlei ein. Das sind 4760 Stimmen zu wenig, um ein Referendum gegen das Bundesgesetz betreffend Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs zu erreichen. Zwar wird das amtliche Resultat erst in ein paar Tagen definitiv, doch auf Nachfrage sagten sowohl Swico-Geschäftsführer Jean-Marc Hensch als auch Nationalrat Franz Grüter, dass die Zeit nicht mehr reichen wird. Beide gehörten dem Referendumskomitee «Stop BÜPF» an, das sich zum Ziel setzte, den Entscheid des Parlaments zu kippen, Strafverfolgungsbehörden künftig die Möglichkeit zur Überwachung von Computern zu geben oder Staatstrojaner einsetzen dürfen.
Eine Resthoffnung gibt es noch: Vielleicht gibt es weitere Organisationen oder Private, die für ein Referendum Stimmen sammelten, ohne das Wissen des Komitees. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering. Deshalb ist es Zeit, Bilanz zu ziehen.
Zu unerfahren
Letztendlich ist das Komitee an sich selbst gescheitert. Die Unterstützer waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen, der in dieser Besetzung bisher kaum je zusammengearbeitet hat. Die junge Grüne und die junge SVP sassen am selben Tisch wie Piraten, die Juso oder die Jungfreisinningen. Ebenfalls Platz nahmen diverse netzpolitisch orientierte Verbände wie Swico, Digitale Gesellschaft, Swiss Made Software, Swiss Privacy Foundation und Unternehmen wie Threema, Green oder ProtonMail.
Das Komitee gibt denn auch zu, «aufgrund fehlender Erfahrung es nicht geschafft zu haben, sich rasch genug zu organisieren und schlagkräftig aufzustellen.» Besonders in der Startphase ging viel wertvolle Zeit verloren. Dass, als der Apparat lief, Juso-Präsident Fabian Molina das Referendum für gescheitert erklärte, half ebenfalls nicht. Einige dürften dabei den Mut verloren haben, Molina hatte im Gegensatz zu anderen Mitgliedern bereits Erfahrung mit Referenden.
So sagte uns auch Jean-Marc Hensch, im Politdschungel wahrlich kein Unerfahrener: «Ich musste lernen, das ein Referendum völlig anderes funktioniert als das parlamentarische Politgeschäft.»
Diese Unerfahrenheit spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass das Komitee vor wenigen Tagen verkündete, das Referendum sei Tatsache. Man hätte die benötigten Stimmen zusammen, nun müssten die nur noch rechtzeitig beglaubigt werden. Auch wir fielen darauf herein, titelten «BÜPF-Referendum trotz Chaos-Stimmenfang Tatsache». In der Realität erwiesen sich die Beglaubigungen aber als die grösste Hürde.
Diese müssen von den Gemeinden vorgenommen werden. Konkret müssen sie etwa prüfen, ob die unterschreibenden Personen im Stimmregister verzeichnet sind und ob sie nicht mehrfach unterschrieben haben. Erst dann darf der Unterschriftenbogen an die Bundeskanzlei gesendet werden. Dass da nicht jede Gemeinde gleich schnell arbeitet, liegt auf der Hand. Zudem ging auch nicht alles glatt, Geschichten von fehlgeleiteten Paketen oder zu Unrecht abgelehnten Unterschriften kursieren. Gesamthaft loben Grüter und Hensch die Gemeinden für «ihr Entgegenkommen und die Hilfsbereitschaft.» Besonders wollen sie den «riesigen Einsatz der Freiwilligen» hervorheben, die «heute noch versuchen, die restlichen Stimmen zusammenzubekommen.» Das Komitee gibt die Schuld für das Scheitern denn auch nicht dem Engagement, sondern unter anderem «mehrwöchigen anhaltenden Regenfällen».
Eine Resthoffnung gibt es noch: Vielleicht gibt es weitere Organisationen oder Private, die für ein Referendum Stimmen sammelten, ohne das Wissen des Komitees. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering. Deshalb ist es Zeit, Bilanz zu ziehen.
Zu unerfahren
Letztendlich ist das Komitee an sich selbst gescheitert. Die Unterstützer waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen, der in dieser Besetzung bisher kaum je zusammengearbeitet hat. Die junge Grüne und die junge SVP sassen am selben Tisch wie Piraten, die Juso oder die Jungfreisinningen. Ebenfalls Platz nahmen diverse netzpolitisch orientierte Verbände wie Swico, Digitale Gesellschaft, Swiss Made Software, Swiss Privacy Foundation und Unternehmen wie Threema, Green oder ProtonMail.
Das Komitee gibt denn auch zu, «aufgrund fehlender Erfahrung es nicht geschafft zu haben, sich rasch genug zu organisieren und schlagkräftig aufzustellen.» Besonders in der Startphase ging viel wertvolle Zeit verloren. Dass, als der Apparat lief, Juso-Präsident Fabian Molina das Referendum für gescheitert erklärte, half ebenfalls nicht. Einige dürften dabei den Mut verloren haben, Molina hatte im Gegensatz zu anderen Mitgliedern bereits Erfahrung mit Referenden.
So sagte uns auch Jean-Marc Hensch, im Politdschungel wahrlich kein Unerfahrener: «Ich musste lernen, das ein Referendum völlig anderes funktioniert als das parlamentarische Politgeschäft.»
Diese Unerfahrenheit spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass das Komitee vor wenigen Tagen verkündete, das Referendum sei Tatsache. Man hätte die benötigten Stimmen zusammen, nun müssten die nur noch rechtzeitig beglaubigt werden. Auch wir fielen darauf herein, titelten «BÜPF-Referendum trotz Chaos-Stimmenfang Tatsache». In der Realität erwiesen sich die Beglaubigungen aber als die grösste Hürde.
Diese müssen von den Gemeinden vorgenommen werden. Konkret müssen sie etwa prüfen, ob die unterschreibenden Personen im Stimmregister verzeichnet sind und ob sie nicht mehrfach unterschrieben haben. Erst dann darf der Unterschriftenbogen an die Bundeskanzlei gesendet werden. Dass da nicht jede Gemeinde gleich schnell arbeitet, liegt auf der Hand. Zudem ging auch nicht alles glatt, Geschichten von fehlgeleiteten Paketen oder zu Unrecht abgelehnten Unterschriften kursieren. Gesamthaft loben Grüter und Hensch die Gemeinden für «ihr Entgegenkommen und die Hilfsbereitschaft.» Besonders wollen sie den «riesigen Einsatz der Freiwilligen» hervorheben, die «heute noch versuchen, die restlichen Stimmen zusammenzubekommen.» Das Komitee gibt die Schuld für das Scheitern denn auch nicht dem Engagement, sondern unter anderem «mehrwöchigen anhaltenden Regenfällen».
SP stellt sich quer
Das Komitee machte es sich nur selber schwer, es wurde ihm auch schwer gemacht. Vor allem durch die SP, welche die Zusammenarbeit komplett verweigerte. Obwohl sich die Delegiertenversammlung mit einer Stimme pro Referendum aussprach, wartete das Komitee vergebens auf die Mithilfe der wählermässig zweitstärksten Schweizer Partei. Der Grund: Die Führung der Partei, von Parteipräsident Christian Levrat über Bundesrätin Simonetta Sommaruga bis hin zur Mehrheit der Faktion, waren für das Büpf. Der Entscheid der Delegierten war deshalb eine schallende Ohrfeige für das SP-Establishment, die heutige Nachricht werden sie mit Genugtuung aufgenommen haben.
«Besonders schwer wiegt wohl auch, dass die Wirtschaft insgesamt die finanziellen und 'klimatischen' Auswirkungen der neuen Gesetzgebung völlig unterschätzt bzw. auf eine zurückhaltende Umsetzung baut, was sich als schwerwiegender Irrtum herausstellen dürfte», sagt das Stop-BÜPF-Komitee. Viele Firmen würden auch verkennen, dass mit dem Büpf die Anstrengungen torpediert werden, die Schweiz international als Datenstandort zu etablieren.
Kampf geht weiter
Franz Grüter sagt deshalb: «Der Kampf geht weiter. Auch wenn das Referendum zustande gekommen wäre, hätte das BÜPF schwere Mängel aufgewiesen. Beispielsweise will ich nicht begreifen, wieso man Vorratsdaten im Ausland speichern soll.» Ob Franz Grüter zurecht stur ist, wird das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, wo eine Klage zur Vorratsdatenspeicherung hängig ist. Das Komitee überlegt sich derweil, mit Volksinitiativen das Büpf zu torpedieren.
Und setzt auf den Abstimmungskampf gegen das Nachrichtendienstgesetz. Da kam ein Referendum zustande, in zweieinhalb Monaten stimmt das Volk über das Nachrichtendienstgesetz ab. Viele BÜFP-Gegner sind auch gegen das NDG, beide Gesetze wollen schlussendlich die Privatsphäre des Bürgers einschränken. Franz Grüter gehört allerdings nicht dazu, er kann dem Nachrichtendienstgesetz positives abgewinnen, wenn ihm auch nicht alles gefällt. «Ich weiss, dass ich gegen das BÜPF aber für das NDG bin, wirkt merkwürdig. Aber ich bin der Meinung, dass der Geheimdienst bessere Mittel braucht, um heutige Bedrohungen bekämpfen zu können.» Öffentlich einspannen lassen um für das Gesetz zu werben, kommt für Grüter aber nicht in Frage. So weit geht die Liebe zu den Schlapphüten nicht.
Trotz gescheitertem BÜPF-Referendum bieten die nächsten Monate für netzpolitisch Interessierte also viel Spannung. Jede Stimme und der Einsatz jedes Einzelnen wird im Kampf für oder gegen ein neues Nachrichtendienstgesetz zählen. Zumindest diese Erkenntnis lässt sich aus dem Referendumskampf des Komitees mitnehmen.
«Besonders schwer wiegt wohl auch, dass die Wirtschaft insgesamt die finanziellen und 'klimatischen' Auswirkungen der neuen Gesetzgebung völlig unterschätzt bzw. auf eine zurückhaltende Umsetzung baut, was sich als schwerwiegender Irrtum herausstellen dürfte», sagt das Stop-BÜPF-Komitee. Viele Firmen würden auch verkennen, dass mit dem Büpf die Anstrengungen torpediert werden, die Schweiz international als Datenstandort zu etablieren.
Kampf geht weiter
Franz Grüter sagt deshalb: «Der Kampf geht weiter. Auch wenn das Referendum zustande gekommen wäre, hätte das BÜPF schwere Mängel aufgewiesen. Beispielsweise will ich nicht begreifen, wieso man Vorratsdaten im Ausland speichern soll.» Ob Franz Grüter zurecht stur ist, wird das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, wo eine Klage zur Vorratsdatenspeicherung hängig ist. Das Komitee überlegt sich derweil, mit Volksinitiativen das Büpf zu torpedieren.
Und setzt auf den Abstimmungskampf gegen das Nachrichtendienstgesetz. Da kam ein Referendum zustande, in zweieinhalb Monaten stimmt das Volk über das Nachrichtendienstgesetz ab. Viele BÜFP-Gegner sind auch gegen das NDG, beide Gesetze wollen schlussendlich die Privatsphäre des Bürgers einschränken. Franz Grüter gehört allerdings nicht dazu, er kann dem Nachrichtendienstgesetz positives abgewinnen, wenn ihm auch nicht alles gefällt. «Ich weiss, dass ich gegen das BÜPF aber für das NDG bin, wirkt merkwürdig. Aber ich bin der Meinung, dass der Geheimdienst bessere Mittel braucht, um heutige Bedrohungen bekämpfen zu können.» Öffentlich einspannen lassen um für das Gesetz zu werben, kommt für Grüter aber nicht in Frage. So weit geht die Liebe zu den Schlapphüten nicht.
Trotz gescheitertem BÜPF-Referendum bieten die nächsten Monate für netzpolitisch Interessierte also viel Spannung. Jede Stimme und der Einsatz jedes Einzelnen wird im Kampf für oder gegen ein neues Nachrichtendienstgesetz zählen. Zumindest diese Erkenntnis lässt sich aus dem Referendumskampf des Komitees mitnehmen.