Urheberrecht 19.02.2015, 22:32 Uhr

Abmahngefahr bei Artikelbildern auf eBay

Gilt die Urhebervermutung auch bei Internetfotos - und wie weit reicht die Verpflichtung aus einer Unterlassungserklärung? Antworten dazu liefert ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs.
Rechtsanwalt Andreas Brommer
Rechtsanwalt Andreas Brommer
Gilt die Urhebervermutung nach Paragraph 10 Abs. 1 des Urhebergesetzes (UrhG) auch bei Internetfotos? Und wie weit reicht die Verpflichtung aus einer Unterlassungserklärung? Antworten auf diese Fragen liefert ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. September 2014 (Az. I ZR 76/13).
Die Beklagte verkaufte über eBay Sammelfiguren von Teddybären. Als Artikelbilder verwendete sie Fotos, die sie über die Google-Bildersuche gefunden hatte. Daraufhin mahnte sie der Kläger, selbst Betreiber eines Onlineshops für Bärenfiguren, ab. Er machte geltend, Urheber der von der Beklagten genutzten Fotos zu sein und verlangte von der Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten. Die Beklagte beendete daraufhin die laufenden eBay-Auktionen, gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, leistete Schadensersatz und erstattete die Abmahnkosten.
Die beendeten Auktionen mitsamt den Teddybärenfotos waren bei eBay jedoch weiterhin über die Suchfunktion zu finden und in der Rubrik "beendete Auktionen" abrufbar. Der Kläger mahnte die Beklagte daher erneut ab, und die Beklagte gab eine weitere strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Beklagte weigerte sich aber, dem Kläger einen weiteren Schadensersatz und eine Vertragsstrafe wegen eines behaupteten Verstosses gegen die erste Unterlassungserklärung zu zahlen. Daraufhin versuchte der Kläger, seine Forderungen klageweise durchzusetzen.
Das Berufungsgericht hatte die Ansprüche zurückgewiesen und argumentiert, der Kläger habe nicht nachgewiesen, tatsächlich Urheber der Fotos zu sein. Das sah der BGH anders. Zunächst stellte er klar, dass die Urhebervermutung des Paragraphen 10 Abs. 1 UrhG auch bei Fotos auf einer Internetseite anwendbar sein kann. Diese Vorschrift regelt, dass derjenige, der "auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes […] in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, […] bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen" wird.

Ist ein Internetfoto ein körperliches Werkexemplar?

Ja, so der BGH. Auch eine elektronische Datei sei nämlich auf der Festplatte eines Servers gespeichert und dort als Vervielfältigungsstück verkörpert. Im konkreten Fall war Paragraph 10 Abs. 1 UrhG nur deshalb nicht anwendbar, weil die Fotos mit "CT-Paradies" bezeichnet waren. Diese Angabe liess keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Person als Urheber der Fotos zu. Seine Urheberschaft konnte der Kläger letztlich aber auch ohne die Vermutung des Paragrpahen 10 Abs. 1 UrhG nachweisen, indem er eine CD-ROM mit den hochauflösenden Originaldateien der im Internet nur komprimiert abrufbaren Fotos vorlegte.

Verstiessen Fotos gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung?

Auch diese Frage bejahte der BGH. In der Unterlassungserklärung hatte sich die Beklagte unter anderem verpflichtet, das Verbreiten und das Verbreitenlassen von Fotos, deren Urheber der Kläger ist, zu unterlassen. Nach Auffassung des BGH liegt ein Verbreiten nicht nur dann vor, wenn neue Vervielfältigungsstücke in den Verkehr gebracht werden. Von der Erklärung soll - über den Wortlaut der Vereinbarung hinaus - auch der Fall erfasst sein, dass die Fotos öffentlich zugänglich gemacht werden, also weiterhin im Internet abrufbar bleiben. Folglich hätte die Beklagte "im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren" alles tun müssen, um diesen Störungszustand zu beseitigen. Sie hätte "durch geeignete Massnahmen" sicherstellen müssen, dass die Bilder nicht mehr bei eBay zu finden sind.
Das hatte sie nicht getan, die Vertragsstrafe war daher fällig. Die Höhe der Vertragsstrafe muss nun das Berufungsgericht feststellen, an das der BGH den Fall zurückverwiesen hat.
Unser Tipp:
Die Antworten des BGH werfen neue Fragen auf: Wie müssen Internetfotos gekennzeichnet sein, damit die Urhebervermutung des Paragraphen 10 Abs. 1 UrhG greift? Genügt hierzu ein Vermerk in den Exif-Tags der Bilddatei? Oder sollte doch besser ein deutlich sichtbares Wasserzeichen über die Abbildung gelegt werden? Ein auf Ästhetik achtender Webdesigner wird hier anders entscheiden wollen als ein vorsichtiger Jurist.
Inwieweit ein Unterlassungsschuldner auf Dritte einwirken muss, um seiner Unterlassungsverpflichtung gerecht zu werden, ist auch nach dieser BGH-Entscheidung nicht abschliessend geklärt. Eine Aufforderung an eBay, die Teddybärenfotos aus den "beendeten Auktionen" zu löschen, wäre im vorliegenden Fall wohl nötig gewesen. Sicherheitshalber sollte auch versucht werden, "verbotene" Bilder aus dem Cache von Suchmaschinen entfernen zu lassen. Was aber gilt, sollten solche Fotos schon vielfach über soziale Netzwerke geteilt und weiterverbreitet worden sein? Wer auf seiner Website fremde Fotos ohne Erlaubnis ihres Urhebers verwendet, begibt sich auf dünnes Eis.
Andreas Brommer
KLEINER Rechtsanwälte in Stuttgart
Partnerschaftsgesellschaft mbB





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