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24.07.2018, 08:54 Uhr
Filmen: Varianten von A bis Z
Camcorder? Digitale Spiegelreflexkamera? Oder doch nur das Smartphone? Online PC beleuchtet genau.
Kaum eine andere Branche wurde von der Digitalisierung so stark verändert wie die Videoproduktion. Filmen kann man nicht mehr nur mit teurem Equipment und findigen Techniken, sondern mit jedem Smartphone. Mit dem technischen Fortschritt kam auch eine breite Masse an Mittelklassekameras, die möglichst viele Funktionen der Profiwelt in ein handliches Format und einen vertretbaren Preis packen wollen. Das klappt meistens sehr gut. Wir zeigen Ihnen im Folgenden, welche Mittelklassekameras besonders fürs Filmen geeignet sind und wo die Unterschiede zwischen reinen Videokameras (Camcordern) und Fotokameras liegen.
Kameratypen
Heutzutage kann eigentlich jede Kamera Videos aufnehmen – vom Smartphone bis zur teuren Videokamera. Allerdings eignen sich nicht alle Geräte für jedes Bedürfnis. Videokameras, Fotokameras mit Videofunktion und Smartphones kämpfen allesamt um die gleiche Kundschaft. Ausserdem wurden in den vergangenen Jahren weitere Kameratypen entwickelt, die ihre eigene Nische einnehmen. Darunter ultrakompakte Actionkameras oder smarte Überwachungskameras. Diese Spezialkameras und die Smartphones wollen wir in diesem Artikel aussen vor lassen, denn die beliebtesten Modelle im Bereich der Amateure, Halbprofis und kostenbewussten Profis sind DSLRs (Spiegelreflexkameras), DSLMs (spiegellose Systemkameras) und Camcorder.
DSLRs und DSLMs werden primär für die Fotografie entwickelt, bieten heute aber hochklassige Videofunktionen und können so reinen Videokameras durchaus das Wasser reichen. Camcorder sind das Gegenteil davon. Sie wurden für Videoaufnahmen entwickelt und schiessen nebenher durchaus ordentliche Fotos. Die Grenzen verschwimmen immer mehr. Bestes Beispiel dafür ist Panasonics Lumix GH5, die als Videokamera im Stil einer Fotokamera entwickelt wurde und grundsätzlich beide Bereiche auf hohem Niveau abdeckt, Bild 1.
Das ist ein Trend, der sich besonders im Privatgebrauch verstärken wird; nicht zuletzt, da viele Limitationen für den Videodreh durch technische Fortschritte eliminiert werden konnten. SD-Karten sind grösser und schneller, Sensoren robuster und digitale Sucher präziser geworden.
Vorteile DSLR/DSLM
Die Vorteile einer DSLR oder DSLM liegen vor allem in der Flexibilität. Diese Kameras wurden als Wechselobjektivsysteme entwickelt und können so für alle möglichen Anwendungen leicht erweitert werden. Zudem sind spezialisierte Objektive oftmals qualitativ besser als Allroundmodelle, was einem DSLR-/DSLM-Besitzer weitere Flexibilität bietet, Bild 2. Nicht zuletzt schlagen Systemkameras dedizierte Videokameras im jeweils schwächeren Feld. Das soll heissen: Der Videodreh mit einer Systemkamera ist normalerweise eine bessere Erfahrung als die Fotografie mit einem Camcorder. Systemkameras kosten zudem im Schnitt etwas weniger, da bei den Camcordern die restliche Hardware meistens kostspieliger ist.
Vorteile Camcorder
Die Flexibilität der Systemkameras liefert aber auch dem Camcorder einen Vorteil: die Simplizität. Kaufen Sie einen Camcorder, erhalten Sie Hardware, die für Videos gemacht ist, während sich bei DSLRs und DSLMs eine Vielzahl der Kameras und Objektive nicht wirklich gut für Videos eignen. Camcorder sind zudem meistens ab Haus mit wichtigen Funktionen wie optischen Bildstabilisatoren ausgerüstet, die bei Systemkameras vielfach optional sind, Bild 3. Sie nutzen ausserdem stärker auf Video zugeschnittene Hard- und Software, was sowohl die Bedienung erleichtert als auch für vielseitigere Qualitätseinstellungen sorgt.
Auflösungen und Bildraten
Die erste Zahl, der Sie beim Kauf einer Videokamera wahrscheinlich begegnen, ist die Auflösung. Aktuell ist 4K das Schlagwort, also die Auflösung von 3840 × 2160 Pixeln. Dazu kommt meistens eine Bildratenzahl wie 30p. Entschlüsseln wir doch einmal ein paar übliche Angaben: Die Auflösung bezieht sich auf die Anzahl Pixel in der Breite und Höhe, wie wir das von anderen Geräten her kennen. Die zwei wichtigsten Auflösungen derzeit sind 4K (3840 × 2160 Pixel) und Full HD (1920 × 1080). Dazwischen gibt es noch die durchaus sinnvolle Auflösung 2560 × 1440 Pixel, manchmal 2K genannt. Am aktuell unteren Ende rangiert HD-ready (1280 × 720 Pixel), meistens 720p genannt. Zum «p» kommen wir später noch.
Die Auflösung allein garantiert nur die Anzahl Pixel, nicht aber eine bestimmte Qualität. Diese wird von diversen Faktoren beeinflusst, unter anderem der Sensorgrösse, der Qualität des Objektivs, dem ISO-Wert (Lichtempfindlichkeit) oder der Bitrate. Ein hochwertig aufgenommenes Full-HD-Video kann deshalb deutlich besser aussehen als ein mässiges 4K-Video. Neben der Auflösung ist üblicherweise die maximal mögliche Bildwiederholungsrate (Framerate) angegeben. In Zeiten des Analogfernsehens waren hier die Standards PAL und NTSC massgebend. Sie erreichten Wiederholungsraten von 25/50 FPS (Bilder/Sekunde) in PAL respektive 30/60 FPS in NTSC. In der digitalen Zeit ist das nicht mehr wirklich relevant, da digitale Plattformen mit den meisten Bildwiederholungsraten zurechtkommen. Die Bildwiederholrate wird allerdings wieder relevant, wenn bestimmte Lichtquellen im Einsatz sind. Beispielsweise verursacht eine mit 50 Hz schwingende Glühbirne in einem 60-FPS-Video einen Flackereffekt. Gleiches gilt für bestimmte PC-Monitore, die nicht zu den FPS des Videos passen. Behalten Sie das beim Filmen mit künstlichem Licht im Hinterkopf.
Die wichtigsten Bildwiederholraten sind: 24 FPS für Kinofilme, 30 FPS als (noch) Standard und 60 FPS für flüssigere Bildwiedergabe. Höhere Bildraten wie zum Beispiel 120, 240, 480 oder sogar 960 FPS werden hauptsächlich für Zeitlupen verwendet. Das Bildmaterial wird dabei auf 30 oder 60 FPS ausgebreitet, wodurch es verlangsamt wird.
60p oder 60i?
Das «p» hinter der Bildrate ist nicht umsonst da. Und manchmal steht da auch ein «i». Der Unterschied ist glücklicherweise einfach: «p» steht für «progressive», «i» für «interlaced». Interlaced ist eine Technik, die vor allem bei älteren TV-Systemen verwendet wurde. Dabei wird nur jede zweite Linie aller Pixel auf einmal dargestellt. 1/60 Sekunde später werden die restlichen Linien dargestellt. Das spart Bandbreite, kann aber zu leichtem Flackern führen, wie man das von älteren TVs kennt. Progressive stellt sämtliche Pixel auf einmal dar. 2018 ist progressive eigentlich die einzig logische Wahl. Übrigens: das «p» oder «i» in «1080i» oder «720p» heisst dasselbe, nur ohne Angabe der Bildrate. Eine solide Videokamera sollte heutzutage mindestens Full HD/60p bieten. 4K/30p ist Standard für Mittelklassegeräte und 4K/60p für High-End-Modelle. In Sachen Zeitlupen sind die Unterschiede aktuell noch grösser. Die meisten Hersteller bieten mindestens Full HD oder HD ready mit 120p an.
Sensoren, Bitrate und Farbsampling sowie Zoom und Objektive
Sensoren
Wie bereits angetönt, ist nicht nur die Auflösung für die Bildqualität verantwortlich, sondern auch die Sensorgrösse. Vereinfacht gesagt: Bei einem grösseren Sensor sind die vorhandenen Pixel bei gleicher Auflösung grösser und können so mehr Details aufnehmen. Das führt zu einer besseren Farbtiefe, mehr Dynamikumfang und weiteren Vorteilen. Übliche Sensorgrössen sind: 35-mm-Vollformat, APS-C, Four Thirds, 1 Zoll und diverse kleinere Formate, Bild 4. APS-C ist eines der grössten Formate, das in der Mittelklasse verwendet wird.
Bitrate und Farbsampling
4K ist nicht gleich 4K und Full HD ist nicht gleich Full HD. Denn anders, als wir uns das von Fotos gewohnt sind, werden Videos häufig komprimiert – einerseits, um Platz zu sparen, andererseits, weil der Kameraprozessor nicht mit der Datenmenge zurechtkommt. Das ist vor allem bei 4K-Videos ein Thema. Die Bitrate verrät, wie viel Datendurchsatz die Kamera verarbeiten kann. Bei den meisten Modellen wird 4K/30p mit 100 Mbit/s verarbeitet. Damit kommen auch die meisten regulären SD-Karten zurecht. Höhere Bitraten gibt es bei stärker spezialisierten Geräten wie der Panasonic Lumix GH5. Die höhere Bitrate resultiert in einer besseren Bildqualität, da mehr Daten im Video enthalten sind. Das macht sich besonders bemerkbar, wenn das Material bearbeitet wird. Farbsampling bezeichnet ein Prozess, mit dem Videohersteller Bandbreite sparen, indem sie eine Schwäche des menschlichen Sehsystems ausnutzen.
Der Mensch reagiert stärker auf Helligkeitswechsel als auf Farbwechsel. Daher können in einem Video die Farbwechsel einer Szene weniger detailliert dargestellt werden als die Lichtwechsel, ohne dass der Zuschauer davon etwas merkt. Es sei denn, er schaut genau hin. Dargestellt wird das Farbsampling meistens mit drei Zahlen. Zum Beispiel 4:2:2. Stellen Sie sich acht Pixel vor, die in zwei Viererreihen übereinander angeordnet sind. Pro Reihe ändert sich die Helligkeit also viermal (die erste Vier). Bei 4:2:2 ändert sich zudem die Farbe innerhalb der ersten Reihe zweimal (die erste Zwei) und zwischen der oberen und der unteren Reihe zweimal (die zweite Zwei). 4:4:4 wäre grundsätzlich ideal, wird aber nur selten verwendet, da der Aufwand dafür erheblich ist. 4:2:2 ist aktuell der Goldstandard für hochwertige Kameras, günstigere Modelle verwenden meist 4:2:0 oder weniger, Bild 5.
Zoom und Objektive
Camcorder sind häufig als geschlossene Systeme gebaut. Entsprechend bieten sie eine weite Reichweite an Brennweiten in einem fix verbauten Objektiv an, das heisst einen grossen Zoom. Im Vergleich zu einem spezialisierten Objektiv einer DSLM leidet dadurch leicht die Qualität. Dafür bietet ein Camcorder wie der JVC GY-HM170E eine massiv grössere Brennweitenabdeckung als beispielsweise eine Panasonic Lumix GH5 mit Kit-Objektiv. Braucht man aber nur eine bestimmte Brennweite, fährt man mit der DSLM und dem passenden Objektiv sowohl finanziell als auch qualitativ deutlich besser. Ein weiterer Vorteil der Systemkameras ist natürlich die Möglichkeit, Objektive auszutauschen, was für bestimmte Aufgaben deutlich Gewicht einsparen kann.
Empfohlene Geräte
Die Auswahl bei den digitalen Videokameras ist gross und unsere Liste bei Weitem nicht abschliessend. Vielmehr ist sie ein Querschnitt durch die Mittelklasse dieser Kategorie. Natürlich gibt es auch noch bessere und auch günstigere Modelle. In der Preisklasse zwischen 1000 und 2000 Franken sind die folgenden Modelle aber auf jeweils eigene Art speziell.
Canon XC10
Wenn es perfekte Pixel sein sollen, ist der Camcorder Canon XC10 eine gute Wahl. Er setzt auf eine Bitrate von 305 Mbit/s, 4:2:2-Farbsampling und maximale Bildstabilisierung mit einem optischen und einem digitalen System. Die Nachteile sind mehr Gewicht und ein etwas höherer Preis. Wobei sich Letzterer noch in Grenzen hält. Die grösste Schwäche des XC10 ist die etwas schwache maximale Brennweite. ƒ/5,6 ist nicht gerade berauschend, wenn man bedenkt, dass der XC10 weniger Zoom als die Konkurrenz bietet.
Fujifilm X-T2
Fujifilm gehört eigentlich zum Adel der Fotografen. Daher ist es ein wenig erstaunlich, dass die X-T2 in Sachen Video so weit vorne mitmischen kann. Der Grund dafür ist simpel: Fujifilm hat eine technisch hervorragende Kamera konstruiert und ausserdem den Videomodus ernst genommen. Eine grosse Stärke von Fujifilm ist auch das grosse und qualitativ hervorragende Objektiv-Line-up. Mit zusätzlichem Batteriegriff gibt es eine Kopfhörerbuchse und einen Boost-Modus für mehr Leistung. Das Farbsampling der Kamera liegt bei den Werten 4:2:0. Die X-T2 ist sicher nicht die erste Wahl für Video, aber eine der besten Optionen für Foto und Video.
VC GY-HM170E
Wahrscheinlich kennen Sie JVC noch als Erfinder der VHS-Kassette. Heute baut das Unternehmen unter anderem Camcorder. Das Modell GY-HM170E setzt auf rohe Bildqualität, wenn auch mit niedrigerer Bitrate. Soll heissen: Das Objektiv ist eine klare Stärke, genau wie das präzise Farbsampling. Im Gegenzug gibt es einen kleineren Sensor und eine niedrigere Bitrate. Das führt zu einer ähnlich guten Bildqualität wie bei der Konkurrenz und etwas mehr Flexibilität beim Nachbearbeiten.
Panasonic Lumix GH5
Die Lumix GH5 von Panasonic ist ein Paradigmenbrecher. Sie ist natürlich nicht die erste Fotokamera mit Videofunktion und auch nicht die erste Videokamera im DSLR-Stil. Aber die GH5 ist die erste Kamera, die als Fotokamera entwickelt und für Video optimiert ist. Man kann sogar argumentieren, sie sei die erste Fotokamera, die Video richtig ernst nimmt. Die GH5 bietet fortgeschrittene Videofunktionen wie 4:2:2-Farbsampling, 21:9-Kinoformat und Bitraten von bis zu 400 Mbit/s. Das alles mit einem MicroFour-Thirds-Sensor, der bezüglich Grösse die meisten Camcorder überflügelt. Mit einem separat erhältlichen Zusatzmodul liefert die GH5 sogar noch bessere Bildqualität. Das macht die Kamera zu einem guten Startgerät für Videografen, die noch nicht genau wissen, was sie alles brauchen. Einziger Kritikpunkt ist das schwache Kit-Objektiv, das am besten umgangen wird.
Sony a6500
Sonys a6500 ist eine solide Wahl für alle, die eine kompakte Systemkamera möchten, Bild 6. Sie ist natürlich nicht so kompakt wie die RX100 V (mehr im entsprechenden Abschnitt), aber dennoch jackentaschentauglich – mit entsprechendem Objektiv. Mehr Leistung gibt es für diese Grösse nirgends. Für den Profieinsatz fehlt es der a6500 zwar an ein paar Features, aber wer nicht gerade einen Kinofilm dreht, kann mit den Ergebnissen wahrscheinlich sehr gut leben. Etwas heikel, wie bei allen Sony-Kameras, ist die Auswahl des Kit-Objektivs. Sony-Objektive sind zwar günstig, aber auch nicht gerade beeindruckend. Die ebenfalls erhältliche Zeiss-Serie ist dafür das Gegenteil: exzellent, jedoch kostspielig. Wägen Sie also sorgsam ab, was Sie alles brauchen, und entscheiden Sie sich tendenziell eher für ein bis zwei gute Objektive statt für vier günstige.
Sony FDR-AX100E
Manchmal fragt man sich, warum sich gewisse Geräte gut verkaufen, obwohl es doch Besseres gäbe. Beim Sony FDR-AX100E ist das nicht der Fall. Dieser Camcorder verdient seine Popularität durchaus. Auch wenn sie zu einem ordentlichen Teil von seinem erschwinglichen Preis stammt. Der FDR-AX100E ist ein ausgezeichnetes Einsteigerpaket: viel Zoom, guter Preis, wenig Gewicht und solide Bildqualität, Bild 7.
Kein Wunder: Schliesslich ist sie die einzige Kompaktkamera in unserem Vergleich, Bild 8. Die RX100 V bietet deutlich weniger Videooptionen als die anderen Geräte in unserer Liste und kann auch technisch nicht überall mithalten. Die RX100 V holt ihre Kundschaft nicht mit kristallklarem Bild ab, sondern mit ihrem Kampfgewicht von 299 Gramm. Das ist weniger als ein Drittel eines durchschnittlichen Camcorders und 50 Prozent weniger, als die leichteste DSLM im Feld ohne Objektiv wiegt. Somit ist die RX100 V perfekt für diese Momente, in denen man etwas Kompaktes braucht, aber nicht ganz auf Qualität verzichten kann.