Evolution mit Hürden
18.11.2015, 11:20 Uhr
iPhone, Galaxy S und Xperia Z: Die drei Smartphone-Familien im Vergleich
Der Fortschritt nimmt anscheinend bei Smartphones von Generation zu Generation ab. Die Untersuchung von drei Modellreihen - Apple iPhone, Sony Xperia Z und Samsung Galaxy S - zeigt, ob sich ein Neukauf überhaupt noch lohnt.
(Quelle: Shutterstock.com/Robuart)
Warum sollte man sich ein neues Smartphone kaufen, wenn das alte Modell noch die Grundbedürfnisse erfüllt? Diese Frage, die sich so mancher Kunde stellt, fürchten vor allem die Händler. Das beste Gegenargument liefert eigentlich der technische Fortschritt, der jede neue Generation eines Smartphones immer besser machen sollte.
Doch in den letzten Jahren hat sich auf den ersten Blick die Evolution verlangsamt: Grosse technische Innovationen blieben aus; dazu sahen viele Neuheiten genau wie ihre Vorgänger aus. Wo trotzdem Fortschritte erkennbar sind und ob diese tatsächlich Argumente für den Neukauf liefern, haben wir anhand drei populärer Modellreihen untersucht.
Apple-iPhone-Serie
Apple bringt neue iPhone-Ausgaben im Jahrestakt jeweils im Herbst – aber nur alle zwei Jahre mit einem grundsätzlich neuen Modell. Dazwischen liegen eher überarbeitete Versionen. Aktuell sind das 6s und das grössere 6s Plus neu auf dem Markt. Wie bei anderen Herstellern bleiben Vorgänger aber noch eine Weile in Produktion und werden zu niedrigeren Preisen vermarktet.
Eine klare Weiterentwicklung ist bei den drei untersuchten Generationen schon an der Form zu erkennen: Kam das 4s noch sehr eckig und mit Glasrückseite daher, folgten beim 5s und 6s Metall und rundere Ecken. Ausserdem ist seit dem 5s ein Fingerabdrucksensor in den Menüknopf integriert. Erstaunlich ist trotz des immer weiter gewachsenen Displays das Absinken des Gewichts um fast 30 Gramm vom 4s zum 5s, das aber beim 6s dann wieder auf mehr als den alten Wert stieg.
Dafür soll vor allem das Force-Touch-Display im iPhone 6s verantwortlich sein: Dessen neuartige Bedienung durch die Intensität des Fingerdrucks auf dem Touchscreen stellt aber auch eine echte Innovation dar. Auch die 4,7 Zoll Display-Diagonale ist gegenüber den älteren Modellen ein deutlich sichtbarer Fortschritt. Das iPhone 4s wirkt mit seiner 3,5-Zoll-Diagonale im Vergleich winzig, kann aber, was Schärfe und Helligkeit betrifft, noch erstaunlich gut mithalten.
Beim Arbeitstempo gilt das leider nicht, denn der alte Dualcore-Prozessor ist sehr langsam, was wohl auch an den gerade einmal 512 MB Arbeitsspeicher liegen dürfte. Das 5s kann dagegen, was die Benchmark-Werte und auch das subjektiv empfundene Arbeitstempo angeht, durchaus noch mit aktuellen Mittelklasse-Smartphones mithalten. Der nochmalige Zugewinn beim 6s ist dagegen im Alltag kaum zu merken.
Verbessert haben sich zudem die Megapixel-Werte der Hauptkameras: Bei den drei Modellen ging es von 8 beim 4s und 5s auf 12 Megapixel beim 6s. Auch die Optik und die Software schritten ständig voran, doch im Grunde genommen sehen einfache Bilder auch beim alten 4s recht gut aus, nur wer viel einstellen will oder bei schlechtem Licht knipst, profitiert von der neueren Technik und dem doppelten LED-Blitz.
Die Frontkamera hat da eine viel grössere Verbesserung erlebt: Während das 4s gerade einmal die pixelige VGA-Auflösung bringt und das 5s mit 1,2 Megapixeln auch noch recht unscharf ist, bietet das 6s immerhin 5 Megapixel und unterstützt den Selfie-Freund in dunklen Umgebungen auch noch durch eine Funktion, die das Display wie einen Blitz kurz aufleuchten lässt.
Fazit: Apple lässt sich eigentlich für jede Generation etwas Neues einfallen, aber die Fortschritte fallen oft klein aus. Doch vom iPhone 4s zum 5s lässt sich tatsächlich ein Quantensprung in praktisch allen Bereichen feststellen, während das 6s ausser dem innovativen Force-Touch-Display weniger Neues bietet. Im 5s lässt sich deshalb eine rund ein Drittel preiswertere Alternative finden.
Samsung-Galaxy-S-Serie
Samsungs Galaxy-S-Baureihe stellt seit 2010 die Flaggschiffe des koreanischen Herstellers und kam neben dem Hauptmodell meist in verschiedenen Varianten, etwa als kleineres „mini“ oder „active“ mit robusten Gehäusen. Auch das aktuelle Galaxy S6 hat mit dem edge und dem edge+ zwei Brüder, die sich durch das über den Rand gebogene Display abheben.
Samsung war in den letzten Jahren immer wieder Kritik ausgesetzt, vor allem was das wenig edle Kunststoffgehäuse des S5 betraf. Dass das aktuelle S6 hier wieder dazugewonnen hat, ist offensichtlich, denn die Rückseite aus Glas und der Metallrahmen machen es zum wertigsten Vertreter des Trios. Allerdings ist es nicht mehr gemäss IP67 vor Staub und Wasser geschützt. Auch das S4 hat dieses nützliche Feature nicht.
Ein fragwürdiger Fortschritt ist auch der Verzicht auf den Speicherkarten-Slot beim S6, das in der Basisversion zumindest mit 32 GB kommt. Den vom Anwender einfach austauschbaren Akku haben die Koreaner ebenfalls eingespart. Im Gegenzug bekommt der Käufer ein sehr dünnes und leichtes Gehäuse. Auch das Display des S6 ist exzellent, aber S4 und S5 haben zu ihrer Zeit ebenfalls den Massstab gesetzt und sind in puncto Helligkeit und Schärfe immer noch erstklassig. Wer wirklich Innovation erleben will, sollte zum S6 edge mit seinem über die Ränder gebogenen Bildschirm greifen.
Auch wenn das S4 schon zwei Jahre auf dem Buckel hat, erfreut es Anwender immer noch mit einem guten Arbeitstempo des Quadcore-Prozessors. Der Nachfolger hat zwar keine Kerne dazubekommen, bietet aber mit 2,5 GHz eine höhere Taktung und ist im Benchmark auch heute noch im oberen Bereich zu finden. Das S6 ist ohnehin das derzeit schnellste Android-Smartphone, zumal der hauseigene Achtkern-Prozessor noch von 3 GB Arbeitsspeicher unterstützt wird.
Die Kamera hat vor allem vom S4 zum S5 einige Verbesserungen erfahren, die sich nicht nur in der von 13 auf 16 Megapixel gestiegenen Auflösung bemerkbar machen. Auch der schnellere Auslöser und die bessere Automatikeinstellung können gefallen. Die Hauptkamera des S6 ist kaum besser. Immerhin hat es eine deutlich schärfere und lichtstärkere Frontkamera als die Vorgänger.
Fazit: Bei Samsung ist der Fortschritt nicht immer klar: So ist das Galaxy S6 zwar das hochwertigste Modell der Serie, doch ist es, was Speicherkarten-Slot und Schutz vor Wasser betrifft, eher einen Schritt zurück. Wer eine leistungsfähige Hardware sucht und weniger auf Äusserlichkeiten achtet, ist vor allem mit dem immer noch starken S5 als Geheimtipp gut bedient.
Sony-Xperia-Z-Serie
Im Gegensatz zu den anderen Herstellern, die im Jahrestakt die neuen Modelle einer Serie bringen, hatte Sony in der Vergangenheit einen sechsmonatigen Rhythmus für seine Xperia-Z-Flaggschiffe. Erst beim aktuellen Z5, das auf der IFA debütierte, scheint Sony wieder auf längere Modellzyklen zu setzen, nachdem davor kein Z4, sondern nur ein überarbeitetes Z3 als Z3+ auf den deutschen Markt gekommen war.
Allen Z-Generationen gemeinsam ist das Grund-Design mit einem relativ kantigen Gehäuse und einer Rückseite aus gehärtetem Glas. Schon das Z2 ist sehr edel und gut verarbeitet, entsprechend weisen die späteren Generationen hier kaum einen Mehrwert auf. Alle drei Modelle sind auch wasserdicht, wobei das Z5 auf die fummelige Schutzklappe über dem Ladestecker verzichtet. Ausserdem bietet das Xperia Z5 einen Fingerabdrucksensor in der Einschalttaste an der Seite.
Eher wenig hat sich in dieser Serie unter der Haube getan, denn schon das Z2 war gut ausgestattet und kann heute noch mit Geräten der oberen Mittelklasse Schritt halten. Die Weiterentwicklung beim Prozessor ist vor allem vom Z3 auf das Z5 zu erkennen, denn der aktuelle Snapdragon 810 mit acht Kernen ist sehr schnell, wird aber auch zügig warm, wenn er stark in Anspruch genommen wird. Gut ist, dass alle drei mit üppigen 3 GB Arbeitsspeicher antreten. Der interne Datenspeicher ist mit 32 GB im Z5 grosszügig bemessen.
Auch die erstklassigen Full-HD-Displays mit sehr guter Farbdarstellung haben die drei Smartphones gemeinsam, sichtbar ist lediglich eine Zunahme der Leuchtkraft vom Z2 zum Z3. Die Fläche hat sich mit 5,2 Zoll nicht vergrössert. Die Hauptkamera hat beim Z2 und Z3 mit 20,7 Megapixeln bereits eine hohe Auflösung. Das Z5 legte noch einmal zu und fällt vor allem durch den schnellen Auslöser und die viel schärfere Frontcam auf.
Fazit: Was die kurzen Modellzyklen vermuten lassen, bestätigt sich: Die Fortschritte der Xperia-Z-Serie sind besonders klein. Schön ist aber, dass die Japaner im Gegensatz zu Samsung am wasserdichten Gehäuse festhalten. Selbst das Xperia Z2 ist deshalb ein guter Tipp für jene, die Edel-Design und eine gute Kamera zum günstigeren Preis haben wollen.
Kommentar der Redaktion: Angesichts der verschiedenen Modellzyklen der untersuchten Smartphones ist ein Gesamtvergleich schwierig. Bei Apple sind die Fortschritte zwischen den iPhone-Generationen am deutlichsten, was sich auch in immer wieder steigenden Verkäufen zeigt. Samsung setzt dagegen eher auf eine Evolution der Technik, hat aber zumindest vom S5 auf das S6 auch wieder eine Designveränderung gewagt. Und Sony geht mit kleinen Schritten voran – was manche Kunden offenbar verstärkt zum Sparen mit einem älteren Modell anregt. Die Preise im Artikel sind in Euro, doch in der Schweiz sieht die Situatiuon sicher ähnlich aus.