Smart Wearables 26.05.2015, 09:23 Uhr

Smartwatch: Auf dem Weg zur Massentauglichkeit

Die Smartwatch steht an der Stufe zum Massenmarkt, noch ist aber die Hardware stark verbesserungsfähig. Zudem sind Apps mit echtem Mehrwert bislang Mangelware.
Während Fitness-Armbänder reissenden Absatz finden, fristet die Smartwatch nach wie vor ein Nischendasein am Markt. Das liegt auch an den Preisen, denn Activity Tracker sind bereits für kleine zweistellige Euro-Beträge zu haben. Für eine Smartwatch muss man dagegen, je nach Modell und Funktionsumfang, 150 Euro oder deutlich mehr auf den Tresen legen.
Doch zumindest scheint das Interesse der Konsumenten langsam zu steigen, wohl auch angefacht durch den Hype um die Apple Watch, die von vielen als das Produkt erwartet wurde, das die Smartwatch endlich in den Massenmarkt bringt.
Vor zwei Jahren zeigten sich lediglich 31 Prozent der Bundesbürger in einer Bitkom-Umfrage an dem Thema interessiert, bei einer aktuellen Studie des Branchenverbands lag diese Zahl mit 40 Prozent schon deutlich höher.
Kaum verwunderlich: Betrachtet man nur die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen, liegt die Quote sogar bei 56 Prozent. Konkrete Kaufabsichten haben indes noch die wenigsten, magere 14 Prozent aller Befragten wollen „auf alle Fälle“ eine Smartwatch erwerben, immerhin jeder Vierte (26 Prozent) kann es sich vorstellen.
Der Bitkom fragte auch nach, weshalb die Kunden nicht interessiert seien, hierbei gaben 45 Prozent zu, sich schlichtweg noch nicht mit der Thematik befasst zu haben. Das liegt wohl auch daran, dass die smarten Uhren bislang in der Printwerbung so gut wie gar nicht stattfinden, hier bildet Apple erneut die Ausnahme.
Die Hersteller sehen ihre Smartwatch derzeit wohl selbst noch nicht als wichtigen Umsatzbringer an, auch wenn die Produktzyklen von mehreren Monaten mitunter sogar unter denen der Smartphones liegen.
Offenbar entwickeln die Hersteller teilweise in mehrere Richtungen. So zeigte LG auf der letztjährigen IFA erst die Watch R und dann noch im Frühjahr 2015 die Watch Urbane.
Diese hatte dann keinen Kunststoff-Body, sondern einen aus Metall, womit LG auf einen wesentlichen Kritikpunkt vieler Konsumenten einging: Die Smartwatches der Hersteller sehen grösstenteils immer noch zu technisch und zu wenig chic aus, um sie täglich zu tragen, egal ob im Alltag oder bei nobleren Anlässen zum Anzug oder Smoking.

Smartwatch: Eine Frage des Designs

Entsprechend erklärten 36 Prozent der Teilnehmer an der Bitkom-Umfrage auch, dass sie ihre bisherige Armbanduhr nicht eintauschen wollen und deshalb auf eine Smartwatch verzichten werden.
19 Prozent sagten sogar explizit, dass ihnen die aktuellen Designs einfach nicht gefallen würden. Gerade im hochpreisigen Segment, in das Apple mit seiner Smartwatch vorstösst, dürfte diese Prozentzahl indes noch höher ausfallen, da diese Klientel auch bei Armbanduhren mehr Geld ausgibt und kaum die Omega oder Breitling gegen eine Uhr mit Aluminiumhülle und Kunststoffband austauschen dürfte.
Montblanc macht jede Uhr mit einem Nachrüst-Armband zur Smartwatch
Einen interessanten Ansatz verfolgt hier der Luxus-Hersteller Montblanc. Unter der Bezeichnung TimeWalker Urban Speed e-Strap bieten die Hamburger ein Armband für klassische Uhren an, in das ein Display eingearbeitet ist.
Zum Feature-Umfang zählen ein Activity Tracker, Fernsteuerung diverser Smartphone-Funktionen wie Kamera oder Musik sowie eine Find-Me-Funktion. Das Lederband macht sich durch Vibrationen bemerkbar und zeigt beispielsweise eine Vorschau auf eingegangene Mails an. Der Akku soll dabei rund fünf Tage halten, als Preis nennt Montblanc rund 350 Euro.

Smartwatch: Geringe Laufzeit als Verzichtskriterium für die Kunden

Apropos Akku: Laut Bitkom-Umfrage führten nur insgesamt elf Prozent an, aufgrund der zu geringen Laufzeiten auf eine Smartwatch verzichten zu wollen. Diese Aussage deckt sich allerdings nicht mit anderen Studien, wo gerade dieses Problem als grosser Hemmschuh angesehen wird.
Allerdings setzt das Wissen über die Akkulaufzeit auch voraus, dass man sich bereits etwas mit dem Thema Smartwatch befasst hat, was in der Studie des Bitkom ja beinahe die Hälfte der Befragten nicht getan hat. Insofern ist diese geringe Zahl bei der Akkulaufzeit zumindest mit Vorsicht zu bewerten.
Denn Fakt ist, dass das tägliche Laden des Smartphones für viele Nutzer mittlerweile zwar zum Alltag gehört, das Laden eines weiteren Geräts dagegen bedeutet zusätzlichen Aufwand und schränkt den Nutzungskomfort ein.
Die Apple Watch soll das Thema Smartwatches in den Massenmarkt katapultieren
Auch wenn Apple bei seiner Uhr einen vergleichsweise komfortablen Lademechanismus mit selbstandockender Ladestation entwickelt hat, so sind die meisten Smartwatches heute nur sehr umständlich per Micro-USB-Kabel zu laden, bei Sonys letzter Uhr Watch 3 muss erst eine Abdeckung aus Gummi auf der Unterseite aufgeklappt werden, um dann mit viel Fingerspitzengefühl den Micro-USB-Stecker platzieren zu können.
Selbst bei der Smartwatch von Apple muss man auf Reisen immer eine zusätzliche Ladestation mitnehmen, drahtloses Laden über Technologien wie Qi ist bei den Kaliforniern ohnehin nicht möglich.
Praktischer sind da Lösungen wie etwa die Pebble, die immerhin fünf bis sieben Tage ohne Stromanschluss durchhält. Der Schweizer Uhren-Gigant Swatch hat kürzlich bekannt gegeben, an einem extrem ausdauernden Akku zu arbeiten, der eine Smartwatch bis zu sechs Monate mit Energie versorgen soll.
Wann der Wunderakku dann tatsächlich kommen soll (die Ankündigung von Swatch-Boss Nick Hayek bezieht sich nur sehr vage auf „2016“) und welche grafischen Darstellungen er dann auf der Uhr erlaubt, ist nicht bekannt. Denn der grösste Stromfresser ist bei allen Uhren neben dem Vibrationsalarm das Display. Hier sind monochrome Anzeigen Farbmonitoren zwar deutlich überlegen, dafür aber in der Darstellung äusserst limitiert.

Smartwatch schürt die Angst vor Datenmissbrauch

36 Prozent der Teilnehmer an der Bitkom-Umfrage führten als Hinderungsgrund  für den Kauf die in ihren Augen mangelhafte Datensicherheit bei Smartwatches an.
Denn so praktisch und interessant das Thema Quantified Self, also die eigene Vermessung mit Schrittzähler, Schlafanalyse und so weiter auch ist – diese sehr persönlichen Daten will man auf jeden Fall sicher wissen.
Der Sicherheitsexperte Kaspersky beispielsweise hat über eine spezielle Android-App auf einem Smartphone eine Verknüpfung mit Fitness-Armbändern verschiedener Marken hergestellt und konnte so die Daten des Nutzers auslesen.
Zwar sind die so einsehbaren Daten weit weniger brisant als etwa Anmeldeinfos zum Online-Banking, dennoch haben die Verbraucher offenbar grosse Angst vor eventuellem Missbrauch. 
Trotz der vielen Vorbehalte seitens der Konsumenten sind sich alle Studien einig, dass den Smart Wearables die Zukunft gehören wird.
Während Fitness Tracker meist mit dem konkreten Ziel der Analyse der eigenen Körperdaten gekauft werden, ist bei der Smartwatch der wirkliche Nutzen für viele Kunden noch nicht eindeutig sichtbar.
„Fast alle Anwendungsszenarien fallen noch unter einen fast schon spielerischen Ansatz“, erklärt Florian Gmeinwieser, Mitglied der Geschäftsleitung von Plan.Net Mobile, der Spezialagentur für Mobile Marketing der Plan.Net Gruppe.
Das dürfte sich allerdings bald ändern, wie alleine schon die rasant steigende Zahl der für die Apple­ Watch verfügbaren Anwendungen zeigt. Bis die Smartwatch aber genauso wenig aus dem Alltag wegzudenken ist wie heute das Smartphone, ist es noch ein langer Weg, auf dem die Hersteller viele Sicherheitsbedenken und vor allem Hardware-technische Unzulänglichkeiten beiseiteräumen müssen.  




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