Die Vorboten der Cloud
Mainframes ohne Ende
Einer der Hauptgründe für die Vernetzung in den 1980ern erinnert an das Verkaufsargument für die Cloud: Auslasten von Serverkapazitäten. Die Server waren damals hauptsächlich Mainframes. Sie waren schon immer hochpreisig in der Anschaffung und im Unterhalt. Erst langsam begann sich die Idee zu entwickeln, dass es auch ohne die Grossrechner geht: «Mainframe-Computing ist eine kulturelle Säule, die tief in den 30 Jahre alten Untergrund der Datenverarbeitung eingesunken ist», heisst es in einem Gastbeitrag der Computerworld vom 29. Februar 1988. Und: «Ein Mainframe ist ein Synonym für seriösen kommerziellen Computer-Einsatz.» Der Gastautor Fred Viskovich vom Beratungsunternehmen Coopers & Lybrand skizzierte die Vision von Personalcomputern, die in Unternehmen die Grundlage für Hochleistungsnetzwerke bilden. Die Netzwerke würden auf «Peer-to-Peer»-verteilten Datenbanken aufbauen und die kommerziellen Grossrechneranwendungen ersetzen. Viskovich war mit seiner Vorhersage seiner Zeit weit voraus (und sollte nicht mit allem Recht behalten), verwirrte allerdings auch die Computerworld-Grafikerin Verena Stummer. Die Datenkrake symbolisiert zwar verteilte Systeme, aber eben auch das zentrale Gehirn des Tintenfisches. Das hatte Viskovich ja eben gerade abschaffen wollen.
IBM und die Universität Michigan blieben unbeeindruckt von der Vision. Vielmehr lancierten sie ein Vorzeigeprojekt für ein «riesiges Netzwerk» mit zwei 3090er-Mainframes als Fileserver. Das Vorhaben startete im September 1988, berichtete Computerworld. Aufgabe der Grossrechner war neben der Datenübertragung hauptsächlich das Konvertieren von Netzwerkprotokollen: Die Universität besass ein Paketübermittlungsnetz mit 6000 asynchronen Terminals und 50 X.25-Schnittstellen zu anderen Netzen, darunter Apollo, Apple, Proteon, SNA und Wang. Bis anhin mussten die Benutzer mit «schwerfälligen Prozeduren» ihre Daten vom Personalcomputer auf den Mainframe transferieren. Dann musste ein Mitarbeiter mit «weiteren mühsamen Schritten» die Daten wieder herunterladen, berichtete der EDV-Verantwortliche der Universität, Gregory Marks. Mit dem neuen Netzwerk würden Studenten ihre Arbeit elektronisch «abgeben» und Fakultätsmitglieder ihre Resultate austauschen können, «ohne vom Arbeitsplatz aufstehen zu müssen». In derselben Infrastruktur können die Forscher heute sicher Daten austauschen, ohne überhaupt an ihrem Arbeitsplatz zu sein.