Digitales Zeichnen 16.10.2024, 13:30 Uhr

Digitales Zeichnen - Beste Tipps und Tricks

Digitales Zeichnen hat viele Vorteile, aber auch einige technische Tücken. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie beim Einstieg in die Welt der Digitalkunst achten sollten. Zudem geben wir Tipps zu Hardware und Software.
(Quelle: Shutterstock/lemono)
Gleich zu Beginn unseres Artikels müssen wir kurz etwas klären. Der Begriff «Tablet» ist mehrdeutig und bezeichnet im Grunde nur die Bauform eines dünnen Stückes Technologie, grob in Papierform. Unter dem Begriff findet man Geräte mit komplett unterschiedlichen Anwendungszwecken und Preisen. In diesem Artikel geht es primär um Tablets, die zum Zeichnen geeignet sind. Einige davon sind speziell für das Zeichnen gemacht, andere sind Alleskönner. Auch beim Preis und der Ausstattung gibt es massive Unterschiede. Zwischen einem displaylosen Eingabegerät für 35 Franken und einem riesigen Touchscreen für über 3800 Franken geht praktisch alles, Bild 1.
Bild 1: Professionelle Ambitionen? Dann kann sich ein High-End-Gerät wie das über 3800 Franken teure Wacom Cintiq PRO 27 durchaus lohnen
Quelle: PCtipp.ch
Im Hauptteil dieses Artikels beschränken wir uns auf Zeichentablets mit Display. Mehr zu den Geräten ohne Bildschirm finden Sie in der Box.. Ein weiterer Ratschlag gleich zu Beginn: Zeichnen ist ein sehr haptischer Vorgang. Das gilt digital fast so sehr wie analog. Falls Sie die Möglichkeit haben, probieren Sie unbedingt so viele Geräte wie möglich in einem Fachgeschäft aus, bevor Sie sich für einen Kauf entscheiden. Denn ausser den technischen Faktoren ist das haptische Zeichengefühl mindestens genauso wichtig.
Tipp: Zeichnen ohne Touch-Display
PCtipp.ch
Geräte mit Touch-Display sind zwar toll, aber auch sehr kostspielig. Gleichzeitig sind Künstler, besonders in den Anfangsjahren, meistens nicht mit tiefen Taschen gesegnet. Als Alternative für kleinere Budgets bietet sich ein Zeichentablet an. Der Name ist dabei etwas verwirrend. Zeichentablets sind nicht Tablets wie das iPad, sondern eine ältere Technologie ohne Display. Funktional gesehen kann man sie mehr mit einem Touchpad vergleichen, nur halt optimiert für Stifte statt Finger. Die Geräte werden per USB mit einem PC oder Laptop verbunden und nehmen den Input von einem passenden Stift auf. Dieser Input ist komplexer als bei einem Touchpad. Daten wie Druckstärke oder Stiftneigung werden erhoben, um das Zeichengefühl so realistisch wie möglich zu machen. Natürlich braucht es dazu passende Software, die mit diesen Daten etwas anfangen kann.
Der grosse Nachteil von Zeichentablets ist natürlich das fehlende Display. Man zeichnet nicht direkt mit dem Stift auf das Bild, sondern bewegt einen Cursor auf einem Bildschirm anderswo. Das braucht ein wenig Übung und ist gerade für Analog-Zeichner anfangs merkwürdig. Hat man sich aber einmal daran gewöhnt, haben die Zeichentablets sogar einige Vorteile. Beispielsweise haben die Hersteller grössere Freiheiten bei der Oberfläche, schliesslich muss nicht noch ein Display eingebaut werden. Das ermöglicht realistischere Oberflächen, die sich mehr nach Papier anfühlen. Viele Zeichentablets verfügen zudem über physische Knöpfe, die man oft selbst belegen kann. Und natürlich sind Tablets ohne Display markant günstiger. Einsteigermodelle gibts für unter 50 Franken und die High-End-Modelle (um die 250 Franken) sind immer noch günstiger als die Einsteigergeräte mit Display, die bei ungefähr 300 Franken beginnen.

Die Tablets

Die erste Entscheidung beim Kauf eines Zeichentablets ist der Verwendungszweck. Wollen Sie ein Tablet, das ausschliesslich zum Zeichnen gedacht ist oder lieber einen Alleskönner? Die Antwort hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Dedizierte Zeichentablets sind für das reine Zeichnen den Alleskönnern überlegen. Allerdings gestalten die Allrounder mit anderen Vorzügen das Rennen äusserst knapp.
Wichtig: Reine Zeichentablets sind Ein-/Ausgabegeräte wie Tastaturen oder Mäuse. Sie haben kein eigenes Betriebssystem, Bild 2. Sie werden an einen Desktop-PC oder ein Laptop angeschlossen. Die Multitalente sind hingegen vollständige Systeme mit eigenem Betriebssystem und eigenen Apps.
Bild 2: Wacom ist der Platzhirsch bei den Grafiktablets
Quelle: PCtipp.ch
Zu den Spezialisten gehören Geräte wie die Cintiq- oder One-Reihe von Marktführer Wacom, aber auch günstigere Modelle von chinesischen Herstellern wie Huion.
Die Hersteller der Allrounder sind bekannter: Apple, Google, Microsoft, Samsung. Hier haben sich die grossen Player der Branche versammelt. Wie sehr sich die Geräte aufs Zeichnen fokussieren, variiert je nach Marketing-Strategie. Der Marktführer ist auch hier klar: Apple dominiert den Tablet-Markt mit dem iPad scheinbar nach Belieben. Gut für Zeichner: Das iPad legt unter den Alleskönner-Modellen wohl den stärksten Fokus auf künstlerische Aktivitäten, Bild 3. Doch zurück zur Auswahl eines Geräts.
Bild 3: Das iPad ist ein günstiger Einstieg in das  Zeichnen auf dem Tablet und bietet eine hohe Qualität
Quelle: PCtipp.ch
Wie eingangs erwähnt, ist der Hauptunterschied zwischen den zwei Produktkategorien das Betriebssystem. Zeichentablets sind reine Ein-/Ausgabegeräte. Sie werden an einen externen Rechner angeschlossen und gleichzeitig als Bildschirm-Output und Touch-Input verwendet. Sie benötigen nebst dem Tablet also noch einen ordentlich leistungsfähigen Computer. Die Generalisten sind hingegen Gesamtsysteme mit eigenem Betriebssystem und eigenem App-Ökosystem. Zur Auswahl stehen vor allem Geräte mit iOS, Android und Windows, was wiederum eigene Vor- und Nachteile mit sich bringt.
Die Spezialisten haben Vorteile bei der Bedienung. Fast alle Zeichentablets bieten nebst dem Display noch physische Buttons, mit denen wichtige Funktionen einfach erreicht werden können. Dazu gehören Optionen wie das Einstellen der Pinselgrösse sowie einen Schnellzugriff auf Radierer oder den Werkzeugwechsel. Oftmals lassen sich diese Buttons auch individuell belegen, womit sich das Gerät perfekt dem Künstler anpasst. Das resultiert dafür oft in einem grösseren, weniger attraktiven Gerät. Für Designinspirationen geht man dann tatsächlich besser zu den Generalisten. Hier bekommt man filigran gestaltete Rahmen, nahezu randlose Displays und edle Rückseiten – dafür auch weniger haptische Steuerungsmöglichkeiten. Die Bedienung läuft über das Touch-Display, was viele Handgriffe komplizierter macht.
Die Allrounder haben vor allem bezüglich Unkompliziertheit klar die Nase vorn: Unterwegs sind sie nicht zu schlagen, da man nur das eine, meist sehr kompakte Gerät benötigt. Im Park kurz eine Skizze zu erstellen, ist auf einem iPad massiv bequemer als mit einem Laptop und angehängtem Zeichentablet. Im Schnitt erhält man mit einem Alleskönner-Tablet auch mehr Leistung pro Franken. Zwar ist mit einem starken Desktop-PC deutlich mehr Power möglich, diese kostet aber auch mehr. Tablets wie das iPad sind besser optimiert und können auch für kleinere Budgets ansprechende Leistung liefern.
Zum Beispiel: Ein iPad (2022) mit grossem Speicher, Apple Pencil und Schutzhülle kostet rund 650 Franken. Ein Wacom-One-Zeichentablet gibt es für rund 300 Franken. Es bleiben für denselben Betrag also rund 350 Franken Budget für einen PC, Bild 4. Die verfügbaren Computer in dieser Preisklasse sind – gelinde gesagt – ungeeignet für den Zweck. Hat man bereits einen leistungsfähigen Rechner zu Hause, sieht die Situation natürlich anders aus und das iPad wirkt wie ein unnötiger Luxus.
Bild 4: Zum Grafiktablet braucht es einen guten Rechner dazu
Quelle: PCtipp.ch
Wichtige Kennzahlen beim Kauf eines Zeichnungs-Tablets sind Display-Auflösung (sofern vorhanden), Eingabeauflösung (oft in Lines per Inch bzw. LPI angegeben) und spezielle Features wie Druckempfindlichkeit, Neigungserkennung und die bereits erwähnten programmierbaren Buttons. Bei den Auflösungen gilt wie so oft: höher = besser, aber nicht um jeden Preis. Für die meisten Fälle sind Haptik und Bedienung wichtiger. Druckempfindlichkeit ist eines der wichtigsten Kriterien für ein natürliches Zeichenerlebnis. Nur damit können Sie echtes Zeichnen und Malen annähernd imitieren. Die Neigungserkennung ist nicht ganz so essenziell, macht aber gewisse Techniken erst möglich. Hier kommt es stärker darauf an, was Sie vorhaben.

Die Stifte

Fast so wichtig wie das Tablet ist der Stift, da dieser das physische Bindeglied zwischen Hand und Display ist. Der Stift soll sowohl bequem zu halten als auch funktional und praktisch sein. Anders als bei analogen Stiften kommen hier noch ein paar spezifische Anforderungen hinzu – beispielsweise die Akkulaufzeit, die verbauten Buttons und das Gefühl der Stiftspitze auf der Oberfläche. Ob diese Stiftspitzen wechselbar sind, ist ebenso ein wichtiges Kriterium für viele Künstler. Wie frei man in der Stiftwahl ist, hängt stark vom gewählten System ab. Meistens ist das Modell des Tablet-Herstellers entweder Pflicht oder schlicht die praktischste Wahl, Bild 5.
Bild 5: Es gibt zwar Alternativen, aber kein Stift passt so gut zum iPad wie Apples «Pencil»
Quelle: PCtipp.ch
Die grösste Stiftvielfalt gibt es beim Marktdominator Wacom. Grundsätzlich haben auch einige der Allrounder-Anbieter diverse Stifte im Angebot, aber dort ist die Kompatibilität nur selten gegeben. Ein wichtiges Merkmal bei der Stiftwahl ist ausserdem der Unterschied zwischen einer aktiven oder passiven Funktionsweise. Aktive Stifte haben eine Batterie, können dafür aber mehr Informationen an das Tablet weitergeben. Dazu gehören beispielsweise Neigungsinformationen oder Inputs von allfälligen Buttons. Passive Stifte haben keinen Akku und sind lediglich dazu da, einen Berührungspunkt auf dem Display auszulösen. Für Zeichner sind heutzutage fast nur noch aktive Stifte relevant. Passive Modelle sind mehr für Notiz-Pads oder die Smartphonesteuerung geeignet.

Die Apps

Die beste Hardware ist nur so gut wie die Software, die darauf läuft (und umgekehrt). Die Auswahl an Zeichen-Apps ist riesig, wobei jede Anwendung ihre Vor- und Nachteile hat und auch nicht immer für den gleichen Zweck gleich gut geeignet ist. Wie in der kreativen Branche gewohnt, ist Adobe auch hier eine Macht und kann mit Photoshop, Fresco & Co. viele Bedürfnisse abdecken. Es gibt aber auf allen Betriebssystemen auch ausserhalb von Adobe ein breites und interessantes App-Angebot. In der Tabelle auf der nächsten Seite finden Sie eine kurze Übersicht über einige bewährte Programme.
Wie Sie sehen ist das Angebot bereits in unserer Tabelle gross. Zwischen Apps, die sich voll auf das Zeichnen und Malen spezialisieren (etwa Tayasui Sketches, Bild 6), und einer ausgebauten Grafik-Applikation wie Adobe Photoshop liegen Welten. Wobei diese Welten auf mobilen Geräten deutlich kleiner sind. Dort ist das Angebot näher beieinander, was sich auch in den Preisen widerspiegelt.
Bild 6: Die App Tayasui Sketches stellt das Malen in der Vordergrund
Quelle: PCtipp.ch
Das breite Angebot ist auch ein Spiegel der vielfältigen Kunstgemeinde. Von Vektorgrafiken über Manga bis zur künstlerischen Fotoverarbeitung kommen komplett unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse zusammen. Die richtige App zu finden, klappt leider nicht ohne tiefe und ausführliche Recherche. Und im besten Fall probieren Sie die Apps gleich selbst aus. Die meisten davon bieten entweder eine kostenlose Testphase an oder sind beschränkt kostenlos nutzbar, was für ein erstes Kennenlernen oft reicht.
Quelle: PCtipp.ch
Aus persönlicher Sicht und als gelegentlicher Hobbyzeichner kann ich Tayasui Sketches (und weitere Tayasui-Produkte) empfehlen. Die App(s) sind leicht zu bedienen und preislich sehr fair gestaltet. Procreate ist eine gute und günstige Option für etwas gehobenere Ansprüche. Auf der Seite der umfassenderen Bearbeitungsprogramme ist Affinity Photo schwer zu schlagen, Bild 7. Die App steht dem Branchenprimus Photoshop kaum nach und ist deutlich günstiger – besonders da sie oft zum halben Preis erhältlich ist.
Bild 7: Affinity Photo ist eine populäre und günstige Photoshop-Alternative
Quelle: PCtipp.ch




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