Quantencomputer
20.08.2019, 13:03 Uhr
Schrödingers Katze mit 20 Qubits
Ein internationales Team von Wissenschaftlern ist es gelungen, einen neuen Rekord mit überlagerten Quantenzuständen zu errichten.
Tot oder lebendig, das sind die beiden diametral entgegengesetzten Zustände, die Erwin Schrödingers Katze im klassischen Gedankenexperiment einnimmt. Einem internationalen Team unter Beteiligung des Forschungszentrums Jülich (FZ Jülich) ist es nun gelungen, 20 verschränkte Quantenbits (Qubits) in derartig überlagerte «Katzenzustände» zu versetzen - ein neuer Rekord. Die aktuell in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlichte Arbeit ist also ein Schritt dahin, das theoretische Potenzial von Quantencomputern wirklich praktisch zu erschliessen.
Katzen-Modell als Ideal
In Schrödingers Gedankenexperiment ist eine Katze in einer Kiste gemäss den Regeln der Quantenmechanik gleichzeitig quicklebendig und tödlich vergiftet - bis jemand tatsächlich nachsieht. Im Quantencomputing ist ein sogenannter «Katzenzustand» in Anlehnung daran ein Quantenzustand, der sich aus zwei diametral entgegengesetzten Bedingungen gleichzeitig zusammensetzt. «Qubits im Katzenzustand gelten für die Entwicklung von Quantentechnologien als das höchste Gut», betont Jian Cui, Physiker am Jülicher Peter Grünberg Institut (PGI-8). Denn erst diese Überlagerung verspricht für künftige Quantencomputer wahrlich ungeheure Leistungsfähigkeit.
«Diese Überlagerungszustände sind allerdings extrem empfindlich. Schon kleinste thermische Wechselwirkungen mit der Umgebung lassen sie kollabieren», erklärt Tommaso Calarco vom Forschungszentrum Jülich. Eben das ist ein Hindernis für Quantencomputer. Denn wenngleich Forscher in Laborexperimenten schon über 50 Qubits kontrollieren konnten, wiesen diese laut FZ Jülich eben nicht die besonderen Merkmale von Schrödingers Katze auf. Anders ist das bei den 20 Qubits, die das Team unter Leitung der Universität Harvard erzeugt hat, und die einen neuen Rekord für Qubits in Katzenzuständen darstellen.
Optimierte Anregung
Das Team, dem auch Forscher weiterer amerikanischer und deutscher Universitäten sowie der italienischen Universität Padua angehörten, nutzten für ihr Experiment einen programmierbaren Quantensimulator. Bei dem Verfahren werden einzelne Rubidiumatome mithilfe von Laserstrahlen - der «optischen Pinzette» - eingefangen und in einer Reihe nebeneinander auf ihrem Platz gehalten. Ein weiterer Laser regt die Atome an, bis etwa die Hälfte von ihnen einen Zustand erreicht, bei dem sich die Elektronen weit jenseits des Kerns befinden und es zur Überlagerung kommt.
Die PGI-8-Forscher konnten speziell die Art, wie der zweite Laser aktiviert wird, optimieren und somit den Vorgang beschleunigen. Eben das ermöglicht, tatsächlich die beachtliche Zahl von 20 Qubits in Katzenzuständen zu erreichen. Diese haben insgesamt bereits über eine Mio. sich überlagernde Zustände, die gleichzeitig Werte speichern können. 300 derartige Qubits wären sogar in der Lage, mehr Zahlen gleichzeitig zu speichern, als es Teilchen im Universum gibt.