Messenger Marketing 04.12.2019, 10:04 Uhr

WhatsApp-Newsletter: Das können Firmen nach dem 7. Dezember tun

Ab 7. Dezember dieses Jahres dürfen über WhatsApp keine Newsletter mehr verschickt werden. Unternehmen, die Tausende an Abonnenten haben, fragen sich: Was kommt jetzt?
(Quelle: shutterstock.com/BigTunaOnline)
Anfang Juni wurde es WhatsApp zu bunt. In seinen FAQ veröffentlichte der zu Facebook gehörende Messenger-Dienst, dass man nun einen Schlussstrich ziehen werde. Seit einigen Jahren hatten immer mehr Unternehmen über WhatsApp ihre Newsletter versendet. Damit ist es spätestens ab 7. Dezember vorbei.
Wer danach trotzdem noch seine Newsletter verschickt, muss mit juristischen ­Massnahmen rechnen. Erst kommt die Sperrung des Accounts, später drohen kostenpflichtige Abmahnungen, so der Jurist Marcus Beckmann von Beckmann und Norda Rechtsanwälte.
Marken und Medien hatte diese Ankündigung kalt erwischt. Vermutlich Hunderte nutzten WhatsApp als Kanal, um ihre Kunden regelmässig auf Neuheiten aufmerksam zu machen, darunter Urlaubs- und Rabattportale wie Mydealz oder Urlaubsguru, Publisher von der SZ bis hin zur Cosmopolitan, Beautyshops wie Flaconi oder Hellobody, Möbelhäuser wie Mömax, Finanzdienstleister wie die Versicherungskammer Bayern und Foodportale wie Lecker und Springlane. Die Liste liesse sich nahezu unendlich fortsetzen.
Sie alle schwörten auf WhatsApp, weil der Dienst bei den Deutschen so unglaublich beliebt ist. Und weil er ihnen für ihre Newsletter Klickraten bescherte, die nach Berechnungen des Dienstleisters Messengerpeople bei 32 Prozent und damit deutlich über dem Durchschnitt von E-Mail-Newslettern lagen. 

Hohe Abhängigkeit von der WhatsApp-Plattform

"Der WhatsApp-Newsletter ist ein wichtiger Bestandteil unserer Online-Marketing-Strategie. Zuletzt haben wir den Service extrem aufgewertet und unter anderem einen smarten Chat-Bot installiert", sagt Daniel Marx, CEO und Mitbegründer von Urlaubsguru. "Aktuell haben wir eine hohe, sechsstellige Anzahl an Abonnenten in unserem WhatsApp-Service." Wenn so eine Säule wegbreche, sei das natürlich ­ärgerlich. Ganz ähnlich sieht das die Versicherungskammer Bayern (VKB). WhatsApp habe in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen, da der Kanal fest im Alltag der User integriert sei, so eine Sprecherin. 
Nun aber ist Schluss damit. Die rigorose Entscheidung des Mutterkonzerns Facebook führt den Unternehmen einmal mehr ihre Abhängigkeit von den grossen Plattformen vor Augen. Ändern diese ihre Gangart, können sie selbst nicht viel mehr machen, als sich ihrem Schicksal zu ergeben. Beispiel Facebook: In den vergangenen Jahren hatten viele Werbungtreibende eine Menge Geld in den Aufbau ihrer Community investiert, dann aber erleben müssen, wie durch einen Richtungswechsel der Plattform diese Reichweite plötzlich in den Keller sank.

WhatsApp war nie für Massenversand konzipiert

Allerdings haben sich die Unternehmen diesmal selbst ein Ei gelegt. Denn in den Geschäftsbedingungen von WhatsApp ist eindeutig formuliert, dass der Versand von Unternehmens-Newslettern eigentlich nicht zulässig ist. WhatsApp sei nie für den Massenversand von Botschaften konzipiert gewesen, dies stelle schon seit jeher einen Verstoss gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, heisst es bei WhatsApp.
"Es geht bei WhatsApp um individuelle Kommunikation und nicht den massenhaften Versand von Werbebotschaften", erklärt Stephanie Wissmann, ­Vice President Digital bei Tyntec, einem internationalen Telekommunikationsunternehmen. "Die Unternehmen, die von Anfang an gegen die Regeln verstossen und Newsletter versendet haben, haben bisher einfach riesiges Glück gehabt. Dadurch, dass der Massenversand oftmals über Dienstleister lief, haben sich viele Unternehmen wahrscheinlich gar nicht mit den WhatsApp-AGB auseinandergesetzt."
Haben sich die Unternehmen also in einer rechtlichen Grauzone bewegt? Müssen sie nun dafür büssen, dass sie die AGB ignoriert oder zu lax interpretiert haben?
Messengerpeople ist einer der Dienstleister, die für zahlreiche Unternehmen den Newsletter-Versand abwickeln und zählt - wie Tyntec - zum Kreis der offziellen WhatsApp-Agenturen. Von einer Grauzone will man dort nichts wissen. "Zwischen genehmigt und verboten liegen im digitalen Marketing Welten", sagt Matthias Mehner, CMO von Messengerpeople. "Wir haben 1.700 Kunden in 62 Ländern mit mehr als zehn Millionen Empfängern und die Erlaubnis von WhatsApp, den Newsletter-Versand bis zum 7. Dezember zu betreiben. Ganz so grau wird es also nicht gewesen sein."

Unternehmen informieren User über Newsletter-Aus

Dennoch: Rechtsexperten wie Marcus Beckmann rieten frühzeitig, sich schnellstmöglich nach Alternativen umzusehen. Aus rechtlicher Sicht sei WhatsApp als Kanal für den Massenversand durch. Daran gebe es nichts mehr zu rütteln. "Grundsätzlich bestimmt der Anbieter die Spielregeln. Einen rechtlichen Anspruch darauf, dass WhatsApp aufgrund der Duldung in der Vergangenheit auch zukünftig den Versand von Newslettern gestatten muss, gibt es nicht", so Beckmann. "Auch Meinungsfreiheit oder Berufausübungsfreiheit gewährleisten nicht, dass Unternehmen Werbung per Massennachricht über eine Kommunikationsplattform verschicken dürfen."
Trotz der eindeutigen Rechtslage sind viele Unternehmen mit ihrer Suche nach Alternativen noch nicht weit gekommen. Man arbeite erst einmal an einem Konzept, wie man die bestehenden Abonnenten informieren könne, hiess es bei der VKB. Im Fokus stünden alternative Versandmöglichkeiten, die den Empfänger idealerweise in seinem Smartphone-Umfeld erreichen. 
Man habe die Abonnenten "frühzeitig" über das Newsletter-Aus informiert und sie auf weitere Kanäle hingewiesen", heisst es beim Büchershop Thalia. Man prüfe mehrere Optionen und sei dann auf die Abonnenten zugegangen, so Daniel Marx von Urlaubsguru. "Wir sind generell immer auf der Suche nach neuen Ideen und werden den Entschluss zum Anlass nehmen, unsere Suche zu intensivieren." Ein Gewinner der Entwicklung ist sicherlich der klassische E-Mail-Newsletter. Auch alternative Messenger-Dienste wie Threema oder Aggregatoren-Apps wie Notify können profitieren.

WhatsApp Business API bietet Möglichkeiten

Neben dem klassischen Newsletter-Versand via E-Mail könnten das Notification Tool "Web Push" sowie der Facebook Messenger interessante Möglichkeiten bieten, um die Interaktion mit den Kunden beizubehalten, heisst es bei der Online-Parfümerie Flaconi. Tatsächlich können auch über den Facebook Messenger Newsletter verschickt werden, diese dürfen allerdings keine werblichen Inhalte aufweisen, weshalb sie im Grunde nur für Publisher eine Alternative darstellen. 
Eine andere Alternative ist die Nutzung der WhatsApp Business API, jener Schnittstelle, über die Unternehmen hochoffziell via WhatsApp mit ihren Kunden kommunizieren können. Diese bietet zwar keine Funktion für den Newsletter-Versand, aber verschiedene andere Möglichkeiten. Dazu zählen etwa der Customer Care Chat, über den Unternehmen Kundenanfragen beantworten können, sowie Notifications, also Nachrichten, die Unternehmen anlassbezogen an ihre Kunden senden können.
Diese sind vergleichbar mit Service-SMS, wie man sie vom Online-Banking oder von Flugtickets kennt. Und sie sind kostenpflichtig, wie Matthias Mehner betont. Kostenpunkt: 0,0766 Euro für eine Notification innerhalb einer deutschen Ländervorwahl. "Unternehmen müssen also prüfen, ob sich Massenaussendungen rechnen", so Stephanie Wissmann.

Kommt jetzt die Ära des Conversational Marketing?

Einiges weist also darauf hin, dass zum einen der klassische Newsletter aufgewertet wird. Andererseits werden die Unternehmen jetzt mit sanftem Druck dazu gezwungen, sich neue Formen einer personalisierten Ansprache zu überlegen. Das könnte die Effektivität steigern, wird aber auch neue Investitionen erfordern. "Das Thema Newsletter war ja nur der Anfang und eigentlich ein Erbstück des letzten Jahrhunderts", sagt Mehner. "Heute ist die Ära des Dialog- und Conversational Marketing schon längst eingeläutet." 
Es gebe zahlreiche spannende Konzepte, wie man WhatsApp in der Kundenkommunkation auch künftig nutzen kann, sagt auch Stephanie Wissmann. Das Ultimatum vom 7. Dezember sieht sie deshalb positiv. "Es wäre schade, wenn der Kanal zur Spam-Schleuder geworden wäre."



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