Wie sich SAP mit HANA neu erfunden hat
Strategischer Imperativ
Was bedeutet das nun für die vielen SAP-Kunden? In dem Online-Paper „SAP S/4HANA: Roadmap schafft Voraussetzungen für den Wechsel“ vom vergangenen August demonstriert SAP selbst an einem Kundenbeispiel, dass die in Unternehmen schon vorhandene SAP-Software-Infrastruktur und die damit verbundenen Code-Mengen ein Hindernis für die Modernisierung darstellen.
Das globale ERP-Central-Component-System (ECC) des Beispiel-Kunden bietet nach 15 Betriebsjahren demnach folgendes Bild: „1500 Standard- und 500 angepasste Prozesse; 150.000 angepasste Code-Objekte; 6000 Modifikationen; 2000 Erweiterungen; zwischen 25 und 75 Prozent des angepassten Codes ist ungenutzt; bis zu 50 Prozent der Modifikationen sind veraltet.“
Um ein „Digital Enterprise“ mit der Fähigkeit zur digitalen Innovation zu werden, empfiehlt SAP den Unternehmen deshalb, vorhandene SAP-Infrastrukturen radikal zu verändern: „Die Implementierung von SAP S/4HANA ist mehr als nur ein Upgrade oder eine Datenbank-Migration. Sie basiert auf einer radikalen Vereinfachung der IT-Infrastruktur, die von den Unternehmen zunächst geschaffen werden muss."
“„S/4HANA bedeutet eine lange Reise für SAP-Kunden, um Nutzen aus hybriden transaktionalen/analytischen Prozessen (HTAP) und Technologien fürs Internet of Things (IoT) zu ziehen.“„
Diesem strategischen Imperativ „müssen“ die Kunden also folgen, wenn sie mehr Nutzen aus ihren vorhandenen SAP-Installationen ziehen wollen. Der Druck auf die riesige Kundenbasis von SAP ist enorm: Um mit der Entwicklung der diversen Software-Plattformen von SAP Schritt halten zu können, sind sie zu grösseren Neuinvestitionen in die In-Memory-Technologie gezwungen – zumal es viele neue Versionen voraussichtlich nur noch in der HANA- oder Cloud-Variante geben wird.
Solchen grundsätzlichen Erwägungen fügt SAP Handlungsempfehlungen hinzu: „Der Wechsel auf SAP S/4HANA kann über die bekannten Migrationspfade erfolgen. Wer bereits mit SAP ERP 6.0 arbeitet, beschreitet mit einer System- Conversion den richtigen Weg.“
SAP definiert diese Systemumwandlung als sogenannte In-Place-Migration: „Technisch betrachtet findet die System- Conversion zu SAP S/4HANA hinsichtlich Customizing, Entwicklung, Daten, Berechtigungen und Schnittstellen unter Beibehaltung der System-ID statt.“
Ab einem ERP 6.0 EhP 0 besteht laut SAP die Möglichkeit, ohne Upgrade auf ein höheres Enhancement Package direkt nach SAP S/4HANA zu wechseln. Voraussetzung ist allerdings, dass das System bereits ein Unicode-System ist, ab NetWeaver 7.50 unterstützt SAP nämlich ausschliesslich Unicode-Systeme. Andernfalls muss vor der Conversion erst noch Unicode-Konvertierung stattfinden.
Die eigentliche System-Conversion erfolgt dann mit Hilfe des SUM-DMO, des Software-Update-Managers mit Datenbank-Migrations-Option. Das hat laut SAP den Vorteil, dass Upgrade und Datenbank-Wechsel in einem Schritt passieren und so nur eine einzige Downtime erforderlich sei.
Das ist aber noch nicht alles. Damit der Wechsel gelingt, müssen Firmen ihre IT-Systeme im Zuge der System-Conversion auch noch an die technischen Rahmenbedingungen von SAP S/4HANA anpassen. SAP empfiehlt, die dafür nötigen Massnahmen im Rahmen eines „Readiness Checks“ in vier Schritten zu analysieren, um so frühzeitig eine Übersicht möglicher Anpassungen zu bekommen und diese am besten schon während des laufenden Betriebs berücksichtigen zu können.
Schritt 1: Ein „Maintenance Planner“, der die Business-Functions, Industrielösungen und Add-ons der IT-Systeme einer Organisation prüft: „Ergibt sich durch die Prüfung kein gültiger Konversionspfad (etwa, weil ein Add-On noch nicht veröffentlicht ist), verhindert der Maintenance Planner die System Conversion, da kein Stack XML File generiert werden kann.“ In diesem Fall müsse externe Hilfe herangezogen werden.
Schritt 2: Eine „Simplification List“ enthält auf Funktionsebene eine detaillierte Beschreibung, wie sich SAP S/4HANA auf individuelle Transaktionen und Lösungsfunktionen des SAP ERP auswirkt: „Sollte diese Liste Transaktionen oder Funktionen als nicht mehr vorhanden aufführen, heisst das nicht, dass bestimmte Funktionalitäten entfallen. Vielmehr verschmilzt diese Funktionalität mit anderen Elementen oder findet sich in einer neuen Lösung oder Architektur wieder.“
Schritt 3: Er umfasst Pre-Checks, die Systemeinstellungen, die während der eigentlichen System-Conversion erfüllt sein müssen, überprüfen, um diese durchzuführen. Sie stehen Kunden in Form von SAP-Hinweisen zur Verfügung.
Schritt 4: Der Kunden-Code wird überprüft. Hier geht es insbesondere um die Vereinfachung des Datenmodells – ein Hauptanliegen von S/4HANA: „Grundsätzlich stellt SAP zum Beispiel für Tabellen, die im Zuge des Wechsels auf SAP S/4HANA wegfallen, Kompatibilitätsviews bereit. Für notwendige Anpassungen z. B. aufgrund einer Feldlängenerweiterung stellt SAP ein Prüfungstool auf Basis eines NetWeaver 7.50 zu Verfügung.“