Rechtssichere E-Mail
02.03.2021, 12:41 Uhr
Ende nach fast 10 Jahren: Telekom zieht sich aus De-Mail zurück
Sie sollte rechtssichere, digitale Kommunikation mit Unternehmen und Behörden ermöglichen, litt aber von Anfang an unter Akzeptanzproblemen. Jetzt beendet nach Medienberichten die Deutsche Telekom ihr Engagement bei der De-Mail - das Projekt ist damit quasi tot.
Die deutsche Telekom verabschiedet sich aus dem Projekt De-Mail, einer rechtssicheren E-Mail. Das geht aus Äusserungen hevor, die Telekom CEO Timotheus Höttges im Interview mit dem Videoblogger und Journalisten Thilo Jung traf. In der aktuellen Episode des YouTube-Formates "Jung & Naiv" bezeichnet Höttges das Produkt De-Mail als "toten Gaul", trotz Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe habe es "nie jemanden gegeben, der dieses Produkt genutzt hat."
Niemals Gewinn
Obwohl De-Mail auf der Website der Telekom noch auftaucht, wird das Produkt nach Darstellung der Telekom nicht mehr aktiv vermarktet. Wie der "Spiegel" berichtet, habe sich De-Mail nie in dem ursprünglich erwarteten Umfang entwickelt und auch nie Gewinn abgeworfen.
Mit dem Ausstieg der Telekom bleiben von den ursprünglich vier Joint-Venture-Partnern für das Projekt De-Mail nur noch zwei übrig, nämlich 1&1 mit seinen Marken 1&1, Web.de und GMX sowie der Internet Service Provider Mentana-Claimsoft aus Niedersachsen, der auf digitale Signaturlösungen und Behördenkommunikation spezialisiert ist. Damit dürfte die kritische Masse für dieses System endgültig unterschritten sein. Die Deutsche Post hatte ursprünglich ihren eigenen E-Post-Brief präferiert, war dann aber 2011 auf Druck des Bundes dem De-Mail-Konsortium beigetreten, nur um 2013 wieder auszutreten
Mangelnde Akzeptanz
Bereits vor seinem offiziellen Vermarktungsstart im Frühjahr 2013 war De-Mail umstritten. Datenschutz- und IT-Experten bemängelten, dass die Mails zwar verschlüsselt übertragen würden, aber auf den Versand- und Empfangsservern nicht verschlüsselt abgelegt seien. Viel gravierender war jedoch die mangelnde Akzeptanz der Privatnutzer.
Für einen De-Mail-Account benötigte man nämlich ein separates Postfach. Sendungen, die dorthin übermittelt wurden, galten nach dem De-Mail-Gesetz als offiziell zugestellt. Wer also ein De-Mail-Postfach hatte, musste auch regelmässig überprüfen, ob nicht (im Zweifel unangenehme) Behördenpost darin liegt. Dafür auch noch zu zahlen, während üblicherweise E-Mail-Accounts gratis zu haben sind, das stiess bei den Verbrauchern auf wenig Gegenliebe.
Die mangelnde Verbreitung von De-Mail-Postfächern in Consumer-Hand machte De-Mail auch für Unternehmen unattraktiv. Das IT-Portal "Golem" notierte zudem bereits vor zwei Jahren einen zunehmenden Rückzug von Behörden aus dem System. Nach dem Scheitern von De-Mail bleibt für den IT-Standort Deutschland ein unangenehmes Fazit: Während ein Service wie WhatsApp einfach so eine End-to-End-Verschlüsselung einführt und dafür von seinen Nutzern geliebt wird, verharrt die E-Mail hierzulande technisch immer noch auf dem Stand von vor 20 Jahren.