Studie
11.09.2020, 09:26 Uhr
Überdurchschnittliche Zunahme beim Bedarf an ICT-Fachkräften
Der Mangel an ICT-Fachkräften ist akut – und verschärft sich offenbar noch weiter, wie eine aktuelle Studie von ICT-Berufsbildung Schweiz aufzeigt. Bis 2028 benötigt die Schweiz voraussichtlich 117'900 zusätzliche IT-Spezialistinnen und -Spezialisten.
Gut ausgebildete Informatik-Expertinnen und -Experten sind gesucht und Unternehmen tun sich schwer, offene Stellen zu besetzen. Die Situation wird sich auch in den kommenden Jahren kaum verbessern – im Gegenteil. Wie eine aktuelle Studie von ICT-Berufsbildung Schweiz zeigt, nimmt der Bedarf an ICT-Fachkräften noch stärker zu, als bisher erwartet. Der nationale Verband prognostiziert aufgrund der Ergebnisse, dass im ICT-Bereich bis 2028 insgesamt 117'900 zusätzliche Fachkräfte benötigt werden.
Der nationale Verband ICT-Berufsbildung Schweiz untersucht die Entwicklung der ICT-Fachkräftesituation seit 2010 im zweijährlichen Turnus , unter anderem nach Berufskategorien, Branchen und geografischer Verortung. Durchgeführt wurde die Studie vom Institut für Wirtschaftsstudien Basel im Auftrag von ICT-Berufsbildung Schweiz und mit Unterstützung der Firma Peax.
35'800 ICT-Fachkräfte fehlen
Den Resultaten der Untersuchung «ICT-Fachkräftesituation: Bedarfsprognose 2028» zufolge ist bereits heute klar: Die ICT-Fachkräftesituation wird sich in Zukunft weiter verschärfen. ICT-Berufsbildung Schweiz rechnet damit, dass der bis 2028 erwartete, zusätzliche ICT-Fachkräftebedarf von 117'900 Personen mit den heutigen Bemühungen nur zu 70 Prozent durch Arbeitsmarkteintritte von Neuabsolventinnen und -absolventen sowie zugewanderte ICT-Fachkräfte gedeckt werden kann.
Heisst unter dem Strich: In den nächsten acht Jahren muss die Schweiz 35'800 zusätzliche Informatik-Spezialistinnen und -Spezialisten ausbilden. Das beobachtete Wachstum des Berufsfelds ICT übersteige damit deutlich die Erwartungen der Bildungsbedarfsprognosen der letzten Jahre, schreibt ICT-Berufsbildung Schweiz in einem Communiqué zur Studie.
Herausforderung für die gesamte Schweizer Wirtschaft
Der Verband gibt zu bedenken, dass weniger als die Hälfte der ICT-Beschäftigten (40 Prozent) auch in der ICT-Kernbranche tätig sind. «Das heisst, dass die Mehrheit der ICT-Fachkräfte in ganz unterschiedlichen Zweigen der Wirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung zu finden sind», wird dessen Geschäftsführer, Serge Frech, zitiert. «Deshalb müssen Unternehmen aller Branchen sowie die öffentliche Verwaltung Verantwortung für einen ausreichenden ICT-Nachwuchs übernehmen», betont er.
Und nicht zuletzt nimmt auch die Bedeutung der ICT für die Wirtschaft, das Bildungssystem sowie die Behörden stetig zu. Das zeigte die Covid-Krise unlängst.
Berufliche Grundbildung als «zentraler Hebel»
Bei ICT-Berufsbildung Schweiz ist man der Ansicht, dass die berufliche Grundbildung im Kampf gegen die Problematik «der zentrale Hebel» ist – nicht nur als Fachkräftequelle, sondern auch als wichtigste Zubringerin für die höhere Berufsbildung und die Fachhochschulen. Den Angaben zufolge habe die man die Zahl der ICT-Lehrstellen in den letzten zehn Jahren um 43 Prozent auf 9’700 erhöhen können. Laut Frech muss in Anbetracht des enormen Bedarfs aber noch deutlich mehr in ICT-Lehrstellen und die Weiterbildung investiert werden. Zudem sei ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis in den ICT-Berufen anzustreben.
Trotz den Bestrebungen geht Andreas Kaelin, der Präsident von ICT-Berufsbildung Schweiz, davon aus, dass das Schweizer Bildungssystem nicht in der Lage sein wird, den stark steigenden ICT-Fachkräftebedarf zu decken. «Die Schweiz kann ihr Wertschöpfungswachstum und ihre Wettbewerbsfähigkeit nur beibehalten, wenn in Zukunft weiterhin auf einfache Art und Weise die benötigten spezialisierten ICT-Fachkräfte aus dem Ausland beschafft werden können», sagt Kaelin – auch im Hinblick auf die Volksabstimmung über die Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung» (Begrenzungsinitiative).
Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde die Studie von der Spitze von ICT-Berufsbildung Schweiz, dem Institut für Wirtschaftsstudien Basel sowie Exponenten der Swisscom und der Schweizerischen Post vorgestellt. Der Event wurde aufgezeichnet und steht im folgenden Video On-Demand bereit.