Verzögerte Rechnungsstellung
26.04.2019, 12:01 Uhr
SAP-Umstellung bereitet dem Luzerner Kantonsspital Probleme
Das Luzerner Kantonsspital stellte im vergangenen Jahr auf SAP um. Probleme bei der Einführung des Systems hatten zur Folge, dass Leistungen von mehr als 100 Millionen Franken per Ende Jahr nicht abgerechnet werden konnten.
Das Geknorze mit der Umstellung auf SAP sorgt beim Luzerner Kantonsspital für Verzögerungen bei der Rechnungsstellung
(Quelle: Luzerner Kantonsspital)
Das Luzerner Kantonsspital hat letztes Jahr im Rahmen des Projekts «ERPlus» für knapp 11 Millionen Franken eine SAP-Gesamtimplementierung durchgeführt. Dies stellte sich offenbar als ziemliches Geknorze heraus, wie «Medinside» berichtet. Einem Bericht des Portals zufolge kämpft das Spital aufgrund der Umstellung auf die neue ERP-Lösung nach wie vor mit einer «massiven Verzögerung der Rechnungsstellung».
So weist das Luzerner Kantonsspital im aktuellen Geschäftsbericht zum Jahresende nicht abgerechnete Leistungen von über 238 Millionen Franken aus. Diese seien zwar erfasst, aber noch nicht fakturiert worden. Gemäss «Medinside» lag dieser Wert in den Vorjahren jeweils bei rund 100 Millionen Franken. Im Geschäftsbericht begründe die Geschäftsleitung die Differenz mit der Einführung von SAP im Jahr 2018. Die Verzögerungen verursacht habe ein «internes Schnittstellen-Problem», erklärte das Kantonsspital dem Portal auf Anfrage.
Laut dem Bericht hat das Luzerner Kantonsspital die Fakturierungs-Performance der Vorjahre wieder erreicht. Allerdings müsse nun zusätzlich der Rückstand aus dem verzögerten Rechnungsversand abgebaut werden – geschehen solle dies noch im Verlaufe dieses Jahres. Dem Spital zufolge führte die verzögerte Rechnungsstellung nicht zu finanziellen Ausfällen oder Liquiditätsengpässen.
Chaos bei Medikamenten-Bestellungen
Offenbar bereitete die SAP-Software dem Luzerner Kantonsspital bereits letztes Jahr Sorgen: Mitarbeitende berichteten der «Luzerner Zeitung» Anfang 2018 von Mängel bei spitalinternen Medikamenten-Bestellungen. «Wir haben einen neuen Bestellvorgang etabliert, der eine möglichst verbrauchsnahe Materialversorgung zum Ziel hat. Hier zeigen sich noch Schwierigkeiten», sagte der medizinische Stabschef des Luzerner Kantonsspitals, Guido Schüpfer, damals der Zeitung. So sei es vorgekommen, dass noch vor Erhalt der ersten Medikamenten-Bestellung bereits erneut geordert, und so fälschlicherweise ein zweites Mal Nachschub angefordert wurde, schrieb die «Luzerner Zeitung». Gemäss Schüpfer war dies kein dramatisches Problem, allerdings eine «grosse Belastung» für die 50 Mitarbeitenden der hausinternen Apotheke. Sie hätten in der Folge Überstünden leisten müssen, um die Prozesse zu optimieren.
«Letztlich ist eine solche Software nicht im Vornherein bis ins letzte Detail programmierbar», wurde Schüpfer im Bericht zitiert. Sie kommt nun in den Bereichen Zentrum für Spital-Pharmazie (ZSP), Einkauf und Logistik, Finanzen und Controlling sowie in der Patienten-Administration zum Einsatz. Er habe sich vor der Einführung des SAP-Systems denn auch weitaus schlimmere Szenarien ausgemalt. Hätte die Software beispielsweise Patienten nicht richtig erkennen oder zuordnen können, wären möglicherweise Krankenberichte oder Rechnungen falsch zugewiesen worden.
Schüpfer zeigte sich insgesamt davon überzeugt, dass das SAP-System – sobald die Kinderkrankheiten ausgeheilt sind – dabei helfen soll, Kosten zu sparen und administrative Prozesse effizienter zu gestalten. So sollen mit dem neuen Bestellmechanismus etwa zu grosse Lagerbestände bei Medikamenten verhindert werden. Das hat laut dem Bericht der «Luzerner Zeitung» den positiven Effekt, dass weniger Medikamente ablaufen und entsorgt werden müssen.
Kantonsspital sucht SAP-Leiter
«Für die Leitung des Betriebes und die Weiterentwicklung des neuen SAP/ERP (auf HANA)» sucht das Luzerner Kantonsspital nun einen Leiter oder eine Leiterin SAP CCoE (Customer Center of Expertise). Die Person verantworte und koordiniere in dieser Rolle künftig das Customizing und die Weiterentwicklung der zugeordneten SAP-Module. Sie nehme dabei eine Schlüsselrolle zwischen Anwendern und den Betriebsverantwortlichen wahr. Gemeinsam mit dem Team solle dabei ein stabiler, geordneter und hochverfügbarer Betrieb des neuen SAP/ERP sichergestellt werden, heisst es in der Stellenausschreibung.