Gebremste Erholung

Negativszenario der KOF

Allerdings könnte es auch sein, dass die Schweizer Wirtschaft nicht nur mit einem blauen Auge davonkommt. Denn im zweiten Szenario – von der KOF Negativszenario tituliert – wird der Krieg in der Ukraine anhalten und damit grössere Auswirkungen vor allem auf Westeuropa haben. In diesem Fall könnte der Franken stark aufgewertet werden. Da die helvetische Währung nach wie vor als sicherer Hafen für Anleger gilt, könnte die Nachfrage derart steigen, dass der Frankenkurs gegenüber dem des Euro um 8,3 Prozent steigen wird und gegenüber dem des US-Dollars um 2,6 Prozent.
“Ich gehe davon aus, dass unser Basisszenario doch etwas wahrscheinlicher sein wird als das Negativszenario„
Jan-Egbert Sturm, KOF-ETH
Auch unterstellen die KOF-Auguren in ihrem Negativszenario, dass es zu einem vollständigen Stopp aller russischen Energie- und Rohstoffexporte auch in die EU kommt. Dies würde dann nicht nur zu einer weiteren drastischen Verteuerung der Energiepreise führen, sondern auch zu Produktionseinschränkungen in einigen europäischen Ländern, was wiederum die ausländische Nachfrage nach Schweizer Produkten schmälern würde. Zu allem Übel würde dann auch noch der russische Rohstoffhandel über die Schweiz wegfallen, der nach Angaben der UBS immerhin einen Anteil von 5 Prozent am Schweizer BIP hat.
Bei diesem Negativszenario würde das BIP der Schweiz laut KOF im Jahr 2022 nur noch um 1 Prozent steigen.
Das sind doch 2 Prozentpunkte weniger als im günstigeren Szenario. Die negativen Folgen des Ukraine-Kriegs würde sich darüber hinaus auch auf 2023 auswirken. Laut KOF würde dann das BIP der Schweiz nur noch um 0,8 Prozent steigen.
Allerdings tendiert man bei der KOF (Stand: Ende März) dazu, dass sich eher das günstigere Szenario durchsetzen wird. Wie der Direktor der KOF, Jan-Egbert Sturm, in einem Online-Webinar für die Medien meinte, habe man zwar zwei Szenarien entwickelt, die beide einen realistischen Charakter hätten. So habe man etwa im Negativszenario nicht die Möglichkeit einbezogen, dass auch noch Nachbarländer mit in den Krieg gezogen würden. «Ich gehe aber davon aus, dass unser Basisszenario doch etwas wahrscheinlicher sein wird als das Negativszenario, bei dem doch die Schocks, die auf die Schweiz zukommen, relativ kräftig sein werden», hofft Sturm. «Immerhin reden wir beim Negativszenario über einen Ölpreisschock und damit über einen Inflationsschock, über einen Wechselkursschock, einen Nachfrageschock, weil Europa in eine Rezession rutscht», fügt er an.



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