Umfrage
17.07.2018, 07:18 Uhr
17.07.2018, 07:18 Uhr
Büro der Zukunft: Kulturwandel bleibt in Schweizer Firmen oft noch aus
Laut einer Umfrage bei Angestellten nimmt die Flexibilität in Schweizer Büros zu. Die zur Verfügung gestellte Hardware ist oft jedoch nicht darauf abgestimmt. Auch herrscht vielerorts noch eine veraltete Unternehmenskultur vor.
Schweizer Unternehmen bieten den Mitarbeitenden zunehmend die Option an, von Zuhause oder einem anderen Ort aus arbeiten zu können. Viele Angestellte erledigen ihren Job schon heute mindestens einen Tag pro Woche im Home-Office oder in einem Coworking-Space und sind nicht mehr fix an die Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers gebunden. Das geht aus den Resultaten einer Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte hervor, wofür 1000 Büroangestellte in der Schweiz befragt wurden. Die Zahlen zeigen auf, dass nur noch ein Drittel der Befragten jeden Tag im Büro des Arbeitgebers verbringt. Mehr als ein Viertel arbeitet mehr als einen Tag in der Woche von Zuhause oder unterwegs aus. Moderne Arbeitskonzepte sowie auch die flexible Zuteilung der Büroarbeitsplätze (Hotdesking) sind also auf dem Vormarsch.
Verpasste Chancen
Dennoch verfügt die grosse Mehrheit der Angestellten in den Firmen nach wie vor über einen fest zugeteilten Desk. Gemäss Deloitte verpassen es die Arbeitgeber somit, von den neuen Arbeitskonzepten zu profitieren. Denn wenn Mitarbeitende häufiger auswärts arbeiten und Plätze im Büro flexibel zugeteilt werden, lässt sich die Zahl der fixen Arbeitsplätze reduzieren. Dies schaffe Raum für spezielle Zonen zum konzentrierten Arbeiten, zum Austausch oder zum Ausruhen, schreibt das Beratungsunternehmen. Solche Massnahmen förderten die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und die Mitarbeiterzufriedenheit – sofern sie sorgfältig geplant und umgesetzt würden.
«Viele Schweizer Unternehmen ignorieren notwendige Anpassungen der Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsmodelle und verlieren dadurch Geld und Mitarbeitende», sagt Matthias Thalmann, Partner für den Bereich Human Capital bei Deloitte Schweiz, hierzu. «Wenn sie auch in Zukunft produktive, kreative und motivierte Mitarbeitende haben wollen, müssen sie unabhängig vom Arbeitsort und -platz ein innovatives und inspirierendes Arbeitsumfeld bereitstellen.» Es brauche deshalb «intelligente und strategisch abgestützte Konzepte», um die hohen Anforderungen von jungen Mitarbeitenden nach mehr Flexibilität und den Wunsch nach Sicherheit und Orientierung der älteren Belegschaft unter einen Hut zu bringen.
Back-up von Vorgesetzten fehlt
Einen grossen Aufholbedarf sieht das Beratungshaus einerseits bei der zur Verfügung gestellten Hard- und Software. Gemäss der Umfrage wird nur knapp die Hälfte aller Befragten mit einem Laptop ausgerüstet, um von unterwegs aus arbeiten zu können. Ein Drittel der Mitarbeitenden gab zudem an, dass ihre Arbeitgeber keine modernen Collaboration-Tools wie Chats, Instant Messaging, Videokonferenzen oder ein modernes Dokumentenmanagement anbieten.
Problematisch ist laut Deloitte andererseits auch, dass moderne Arbeitsplatzkonzepte vielerorts nicht strategisch abgestützt sind und verständlich kommuniziert werden. So gaben nur 39 Prozent der Befragten an, dass in ihrem Unternehmen Richtlinien für flexibles Arbeiten existieren. Deutlicher erkennbar sei dieses Manko besonders bei kleineren Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden. Gemäss der Umfrage fehlt zudem die Unterstützung des Managements: Nur ein Drittel der Vorgesetzten befürworte das Arbeiten im Home-Office oder in Coworking-Spaces. Immerhin erhalten flexible Arbeitszeiten mehr Unterstützung (56 %). Vor dem Hintergrund einer offenen und modernen Unternehmenskultur sollten Vorgesetzte flexibles Arbeiten deshalb nicht nur unterstützen, sondern auch vorleben und mit gutem Beispiel vorangehen, schreibt Deloitte weiter. Bei rund 38 Prozent der Angestellten leben ihre Vorgesetzten flexibles Arbeiten jedoch in keiner Weise vor.
Aus der Sicht des Deloitte-Ökonoms Luc Zobrist könne die Raumkonzeption, das Arbeitsortkonzept und die Technologie noch so ausgereift sein. Wichtiger sei aber viel mehr, dass die Unternehmenskultur aktiv angepasst werde und sich die Einstellung der Mitarbeitenden und Führungskräfte entsprechend ändere. «Unternehmen, die nur die Kostensenkung in den Vordergrund stellen und die Mitarbeiterzufriedenheit ignorieren, werden eine nachhaltige Umgestaltung des Arbeitsplatzes nicht erfolgreich bewerkstelligen», lautet sein Résumé.