Markenrecht 21.01.2021, 05:21 Uhr

OLG-Urteil stellt Grundprinzip bei Markenrechtsverletzungen auf den Kopf

Wer in der Vergangenheit wegen einer Markenrechtsverletzung zur Unterlassung verpflichtet wurde, musste selbst dafür sorgen, dass die missbräuchliche Verwendung überall verschwindet. Ein Urteil des OLG Düsseldorf könnte dieses Prinzip zukünftig ändern.
(Quelle: Shutterstock/Ilikeyellow)
An sich ist der Fall klar: Wenn ein Unternehmer eine Marke für bestimmte Klassen eingetragen hat, darf kein anderes Unternehmen diese Marke ohne Erlaubnis führen. Tut es das doch, kann es deshalb abgemahnt oder verklagt werden. Was dann folgt, ist eine Unterlassungserklärung oder ein entsprechendes Urteil.
Bislang galt dabei immer, dass der Markenrechtverletzter, um seinen Verpflichtungen Genüge zu tun, nicht nur die aktive Benutzung der Marke einstellen musste, also auf seiner Website, in Werbemails, auf seinem Briefkopf oder in Newslettern. Er musste darüber hinaus auch noch dafür Sorge tragen, dass die widerrechtlich verwendete Markenbezeichnung nicht mehr in öffentlichen Verzeichnissen auftaucht, zum Beispiel in Telefonverzeichnissen. Dies sicherzustellen, das gilt unter Fachleuten als die eigentliche Sisyphusarbeit bei der Bewältigung der Folgen von Markenrechtsstreitigkeiten: das Netz von den Folgen der Markenrechtsverletzung zu säubern.

"MBK Rechtsanwälte" gegen "mbk rechtsanwälte"

Um eine solchen Fall drehte sich auch ein Beschluss, den das OLG Düsseldorf am 13. Oktober 2020 verkündet hat (Az. I-20 W 71/19). Er setzte eine Verfügung gegen einen Markenrechtverletzer ausser Kraft, der beim Aufräumen im Netz nicht alles erwischt hatte.
Zum Fall: Geklagt hatte eine Rechtsanwaltskanzlei, die Inhaberin der Wortbildmarke "MBK Rechtsanwälte" ist. Sie wandte sich gegen einen Wettbewerber, der unter "mbk rechtsanwälte" auftrat. Dies wurde dem Wettbewerber gerichtlich untersagt, woraufhin er diese Bezeichnung nicht nur aus seinen Internetpräsenzen entfernte, sondern vereinbarungsgemäss auch einen entsprechenden Eintrag im Telefonbuch "das Örtliche" löschen liess. Doch später entdeckte die Klägerin immer noch Einträge mit der missbräuchlich verwendeten Marke, unter anderem in den Branchenverzeichnissen "GoYellow" und "golocal.de". Daraufhin beantragte sie beim Landgericht Düsseldorf die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Kontrahentin. 
Die erklärte daraufhin, dass sie für diese Einträge keine Verantwortung trüge. Sie seien ohne ihr Wissen und ohne ihren Auftrag zustande gekommen, die genannten Seiten hätten einfach Daten aus "Das Örtliche" übernommen. Das LG Düsseldorf verhängte dennoch ein Ordnungsgeld, schliesslich seien die Einträge nur deshalb zustande gekommen, weil die Marke missbräuchlich verwendet worden sei, und das Unternehmen ziehe weiterhin wirtschaftliche Vorteile daraus. Dagegen legte das unterlegene Unternehmen Widerspruch beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.

Ungewöhnlicher Schritt

Das OLG entschloss sich zu einem ungewöhnlichen Schritt. Anstatt sich an die eigentlich gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu halten, setzte sie das Ordnungsgeldverfahren aus und legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung der Verantwortlichkeit vor. Das EuGH stellte fest, dass gemäss EU-Bestimmungen eine geschäftlich auftretende Person eine Marke nicht nutzt, wenn diese Marke von anderen Websites ohne ihr Wissen und ohne ihre Veranlassung verwendet wird.
Daraufhin stoppte das OLG das Ordnungsgeldverfahren - und wich damit von der bisher gültigen Rechtsprechung des BGH ab.
Das unspektakuläre Urteil könnte - sollte es Bestand haben - Einfluss auf die zukünftige Bewertung von Markenrechtsverletzungen haben. Kann ein Unternehmen nachweisen, dass es eine durch eine Unterlassungserklärung oder -verfügung untersagte Verwendung einer Marke nicht zu verantworten hatte, könnte es in Zukunft gute Chancen haben, um ein Ordnungsgeld oder eine Vertragsstrafe herumzukommen.



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