Kosten senken beim Energieverbrauch

Effizienter mit Gleichstrom

Ungleiche Verteilung: Der Stromverbrauch in den Rechenzentren wächst vor allem in den Bereichen Server und Storage.
Quelle: Fraunhofer IZM, Borderstep Institut 2017
Unternehmen in verschiedenen Branchen experimentieren neuerdings mit der Stromversorgung via Gleichspannung (DC) anstelle von Wechselspannung (AC). Batterien, Brennstoffzellen, Windturbinen und Solaranlagen liefern Gleichstrom, die Bauteile eines IT-Systems laufen ohnehin mit Gleichstrom. Der Einsatz von Gleichstrom bedeutet also den Wegfall der Umwandlungsschritte von AC zu DC und umgekehrt, niedrigere Anschaffungskosten bei der Ausrüstung, niedrigere Streuverluste im Betrieb, eine Wärmereduktion von bis zu 40 Prozent, eine höhere Nutzungsdichte der Stellfläche und zahlreiche weitere Vorteile.
Das erste deutsche Gleichstrom-Rechenzentrum steht in Stuttgart bei der Bachmann Systems GmbH & Co. KG. Klimaanlagen, Beleuchtung sowie sämtliche Server und Geräte im Rechenzentrum werden mit 380 Volt Gleichstrom versorgt. 42 Photovoltaikmodule mit 15 kW Leistung auf dem Dach speisen umweltfreundlichen Gleichstrom direkt ins Netz ein. Das unternehmenseigene Elektromobil lässt sich an der 380-Volt-Ladestation „betanken“.  Das Rechenzentrum versorgt etwa 500 Bachmann-Mitarbeiter mit einem Warenwirtschaftssystem, Office-Anwendungen sowie E-Mail- und anderen Diensten (insgesamt 10 kW Abnahme).
Mit 380-Volt-Gleichstromtechnik betreibt auch die Green Datacenter AG ihr Rechenzentrum in Zürich. Bei voller Auslastung ermögliche das DC-System von ABB „Energieeinsparungen von bis zu 20 Prozent beim allgemeinen Stromverbrauch und bei der Kühlung“, erklärt Franz Grüter, CEO von Green. Hewlett Packard Enterprise lieferte hochspannungsgleichstromfähige (kurz: HVDC-fähige) Server sowie Speicher und Netzwerkkomponenten, die sich von einem zentralen Leitstand aus verwalten lassen. Die Umstellung auf Gleichstrom habe die Gesamtkosten der Anlage um bis zu 30 Prozent senken können, berichtet ABB.
Unternehmen leiden seit jeher unter den Nachteilen der Wechselstromtechnik wie der permanent wechselnden Spannung, aus der unvermeidliche Leistungsschwankungen resultieren, die beispielsweise in der IT folgenschwere Nebeneffekte verursachen. Zwar werden IT-Geräte mit Gleichstrom betrieben, jedoch erst nach einer aufwendigen, verlustreichen und damit kostspieligen Umwandlung von Wechselstrom aus dem Versorgungsnetz.
Gleichstrom: Das Rechenzentrum der Green AG läuft mit Stromtechnik von ABB und IT-Equipment von HPE.
Quelle: ABB / Frederic Meyer
Bisher gab es dazu keine Alternative. Erst dank neuester technologischer Fortschritte rückt der gross angelegte Einsatz von Gleichstrom in greif­bare Nähe. Durch die vermehrte Nutzung regenerativer Energien wie Wind, Wasser und Sonne sind immer mehr Unternehmen in der Lage, den Eigenbedarf mit selbst produziertem Gleichstrom zu decken. Darüber hinaus lassen sich dank der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnologie, wie sie beispielsweise die Siemens AG anbietet, grosse Distanzen vergleichsweise verlustarm überbrücken.
Bei der Siemens AG befürwortet den Einsatz von Niederspannungsgleichstrom im circa 400-V-Bereich unter anderem Roland Weiss, R&D Scientist. Er sieht Gleichstrom als eine „strategische Massnahme“ zur Senkung des Energieverbrauchs in Gebäuden.
Nicht nur die deutsche Industrie setzt sich für Gleichstrom ein. Auch renommierten Wissenschaftlern erscheint die Umstellung auf Gleichstrom angebracht. Rik W. De Doncker von der RWTH Aachen sieht Gleichstrom als die Schlüsseltechnologie für das flexible Elektrizitätsnetz der Zukunft an.

Fazit

Der Drahtseilakt „weniger Energie dank mehr IT“ fordert vom Mittelstand neben modernster Technik auch geballtes Fachwissen und eine gehörige Portion an eigener Kreati­vität. Für viele Unternehmen stellt die Energieversorgung nicht nur einen wichtigen Kostenfaktor dar, sondern zählt zu den Vo­raussetzungen für die Verfügbarkeit unternehmenskritischer IT-Dienste.
Der erste Schritt zu mehr Energieeffizienz führt über den Einsatz intelligenter Power Distribution Units. Auch Lösungen zur Wärmerückgewinnung und Gleichstrom leisten ihren Beitrag.



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