«Starre Firmenstrukturen bremsen Innovation»

Genügt die Schweizer Innovationskraft?

CW: Trauen Sie den Schweizer Unternehmen nicht zu, innovativ genug zu sein? Immerhin zählen sie laut diversen Studien zu den innovativsten Firmen der Welt.
Naef: Unabhängig von dem Land glaube ich, dass die meisten Unternehmen nicht in der Lage sein werden, schnell genug zu innovieren, wenn sie sich weiterhin ausschliesslich auf interne Ressourcen verlassen. Insbesondere die Innovation durch Technologie erfordert einen anderen Ansatz als den traditionellen firmeninternen Innovations-Trichter eigener Ideen oder das innerbetriebliche Vorschlagswesen.
Offene Innovation erfordert, dass das Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen öffnet, APIs veröffentlicht, seine Software-Codes offenlegt usw. und die Open-Source-Gemeinschaft dazu anregt, zusätzliche Funktionen und Komponenten zur Erweiterung der Kernprodukte des Unternehmens beizutragen und mit zu entwickeln. Das ist auch genau das, was Apple und Google mit ihren Smartphone-Ökosystemen gemacht haben. Nicht das Smartphone selbst oder das Betriebssystem stellen den Mehrwert des Geräts dar, sondern von unabhängigen Programmierern entwickelte Apps, die der Benutzer auf seinem Smartphone installieren kann. Mit diesem Ansatz können Apple und Google auf Tausende von hochkarätigen Entwicklern zurückgreifen, deren Apps die Funktionalität des Geräts erweitern und verbessern, und zum Wert des Ökosystems und damit des Gerätes beitragen.
Ja, die Schweiz ist da sehr gut positioniert und verglichen mit der Grösse des Landes und der Bevölkerung, haben wir ein ausgezeichnetes Innovations-Ökosystem von führenden Universitäten, Kapitalgeber (PE, VCs, Banken, Angel Investoren etc.), Start-ups, Research-Labs von führenden Technologie-Unternehmen wie IBM, Google, Facebook etc. sowie ein recht liberales und wirtschaftsfreundliches Arbeitsrecht.
CW: Aber müssen es zwingend Entwickler sein, um erfolgreich Innovation zu treiben?
Naef: Nicht zwingend. Beispielsweise haben Corporate Venture Fonds längst entdeckt, dass sie durch Investitionen in Start-ups ausserhalb ihres Unternehmens ein weitaus grösseres Potenzial haben, echte Innovationen voranzutreiben. Die Jungunternehmen sind so nicht durch firmeninterne Prozesse und Regulatorien eingeschränkt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Innovations-Ökosystem in Technologie-Hotspots wie Silicon Valley, dem Londoner Silicon Roundabout, der Berliner Technologieszene usw. steigt das Potenzial für wirklich innovative Ideen immens. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit unabhängigen Venture-Capital-Firmen, Inkubatoren und Universitäten.
CW: Welche Rolle kommt dem CIO dabei zu?
Naef: Wenn der CIO als jemand gesehen werden will, der durch Technologie Innovation vorantreibt, wird eine wichtige Schwerpunktaktivität darin bestehen müssen, gemeinsam mit Partnern aus dem Ökosystem Hackathons zu veranstalten. Auch sollte er regelmässig an «Speed-Dating»-Sessions von Technologie-Start-ups teilnehmen, den Advisory Boards von Venture-Capital-Firmen beitreten sowie Forschungsprojekte an führenden Universitäten zu sponsern usw.
Zur Serie
Die künftige Rolle des CIO
Im Interview äussert Patrick Naef prägnant seine Meinung über aktuelle und künftige Herausforderungen der IT. Für Computerworld skizziert er die künftige Rolle des CIO. Die Beiträge zu Themen wie Digital Leadership, den Mehrwert von IT, Open Innovation und die Virtualisierung des Geschäfts sind in regelmässigen Abständen auf www.computerworld.ch zu lesen.
Bisherige Artikel:
Patrick Naef: «Starre Firmenstrukturen bremsen Innovation» (dieser Beitrag)





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