Business-Chancen mit NFTs
Von Bitcoin bis NFT
Die Kryptowährung Bitcoin ist die bekannteste Blockchain. Das dahinterstehende Konzept wurde 2008 von dem bis heute unbekannten Satoshi Nakamoto in einem Whitepaper beschrieben. Mittlerweile gibt es im professionellen Umfeld etliche Anwendungsbeispiele. So lassen sich Blockchains zum Auditing in der Informationstechnik einsetzen, zum Beispiel für die elektronische Gesundheitsakte, für E-Voting oder zum Schutz besonders wertvoller Geheimnisse. Auch arbeiten die vier grössten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt an einem eigenen Blockchain-Dienst zur Validierung der Finanzberichte an Börsen gehandelter Unternehmen. Anders als die meisten Währungs-Blockchains, die im Prinzip jedem offenstehen, handelt es sich bei diesen Entwicklungen um private Lösungen mit begrenztem Teilnehmerkreis.
Ebenfalls eng eingegrenzt sind in der Regel Smart Contracts. Auch diese «intelligenten Verträge» basieren auf dem Blockchain-Konzept. Wird eine in einem Smart Contract festgelegte Bedingung erfüllt, erfolgt automatisch eine ebenso zuvor festgelegte Aktion. Nachträglich sind diese Verträge dann nicht mehr veränderbar. Das wird etwa in der digitalen Landwirtschaft bei der Produktion hochwertiger Güter genutzt. Dadurch, dass deren Herkunft eindeutig digital belegt werden kann, lassen sich bei den Verbrauchern höhere Preise erzielen. Nun also auch noch NFTs.
Wetten auf die Zukunft
Die teils exorbitanten Summen, die für NFTs bezahlt wurden, und einige Extravaganzen haben dem noch jungen Trend allerdings eher ein Schmuddel-Image verpasst. So erbrachte das Werk «Everydays: the first 5000 Days» des amerikanischen Künstlers Mike Winkelmann mehr als 69 Millionen US-Dollar. Es besteht aus einer Collage von 5000 Bildern, die Winkelmann seit 2007 nahezu jeden Tag auf der Online-Plattform Tumblr veröffentlicht hatte. Fast 12 Millionen Dollar kamen bei einer Versteigerung des Pixel-Bilds «CryptoPunk #7523» zusammen. Ein weiterer solcher «CryptoPunk» erzielte fast 8 Millionen Dollar und ein 10 Sekunden langes Video fast 7 Millionen Dollar. Sogar für das digitale Eigentum an einem Twitter-Tweet war jemand bereit, 2,9 Millionen Dollar zu zahlen.
Welche NFTs einmal solche Summen wert sein werden, ist bei ihrer Veröffentlichung meist völlig unklar. Allein die NFT-Handelsplattform OpenSea listete Anfang März mehr als 30 Millionen digitale Objekte, die dort zum Verkauf angeboten wurden. Bezahlt wird in der Kryptowährung Ether. Viele Anwender verleitet die Hoffnung auf den grossen Deal zum Zocken. So lange die Zahl an Teilnehmern beständig wächst, funktioniert das oft auch – zumindest für die, die frühzeitig eingestiegen sind. Damit ein solches System jedoch nicht irgendwann kollabiert, muss es kontinuierlich wachsen. Nicht wenige Beobachter vergleichen den NFT-Trend daher etwa mit dem Ponzi-System oder den Machenschaften des 2021 verstorbenen Investmentunternehmers Bernie Madoff. Allein Madoff soll einen Schaden von mehr als 50 Milliarden Euro verursacht haben.
Gefahr durch gefälschte NFTs
Der NFT-Hype zieht zudem Betrüger an. So versuchte ein am Georges-Pompidou-Krankenhaus in Paris beschäftigter Oberarzt, das NFT einer Röntgenaufnahme einer seiner Patientinnen zu veräussern. Die Frau wurde 2015 beim Bataclan-Anschlag in der Seine-Metropole durch eine Gewehrkugel verletzt, die in der Aufnahme zu sehen ist. Andere Versuche, mit NFTs reich zu werden, gehören direkt ins Absurditätenkabinett. Da gibt es etwa das TV-Sternchen Stephanie Matto. Es wurde unter anderem damit berühmt, dass es seine in Gläsern konservierten Flatulenzen zum Verkauf angeboten hat. Das soll ihr bereits mehr als 200'000 Dollar eingebracht haben. Nun kann man auch NFTs ihrer Einmachgläser kaufen.
Weit kritischer als diese Extrembeispiele dürfte für den langfristigen Erfolg von NFTs aber die Meldung sein, dass die Handelsplattform Cent den Verkauf der Tokens einschränken musste, weil unter den angebotenen digitalen Gütern zunehmend Fälschungen zu finden waren. Manche Teilnehmer versuchten laut Cameron Hejazi, CEO and Mitgründer der Plattform, NFTs von Produkten zu veräussern, die ihnen gar nicht gehörten. Das sei ein «fundamentales Problem», räumte Hejazi gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters ein. Das dürfte auch Quentin Tarantino bemerkt haben. Der für Filmklassiker wie «Pulp Fiction» bekannte Regisseur verkaufte NFTs seiner Drehbücher. Nun hat er allerdings eine Klage des Filmstudios Miramax am Hals, das Tarantinos Rechte an diesen Werken anzweifelt.
Auf Risiken bei NFTs weist auch Rechtsanwalt Mathias Marcus von der Hamburger Korten Rechtsanwälte AG hin. So sei für den Erwerber eines NFTs die Frage massgeblich, welche Rechte er wirklich am «digitalen Original» erhalte. Der Künstler bleibe nämlich weiterhin der Urheber und könnte daher gegenüber dem Käufer unter Umständen sein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft durchsetzen. Bei einer «einfachen Lizenz» sei der Käufer nur berechtigt, das Werk zu nutzen. Dabei sei es grundsätzlich auch möglich, dass der Urheber sein Werk weiterhin selbst verwertet. Beispiele seien Ausstellungen oder Postings auf Facebook. Anders sei das bei einem «ausschliesslichen Nutzungsrecht». Erst damit dürfe nur der Käufer das Werk verbreiten oder vervielfältigen. «Laut Urheberrechtsgesetz ist es allein dem Urheber gestattet, für sein Werk ein NFT zu erstellen», erläutert Mathias Marcus. Dies zeigt, wie komplex das Thema aus rechtlicher Sicht ist. Marcus empfiehlt daher, vor dem Kauf oder Verkauf eines NFTs einen in der Materie kundigen Fachanwalt hinzuzuziehen.