Digitale Stadt München
26.02.2019, 22:17 Uhr
So soll München digitaler werden
Der gemeinnützige Verein Digitale Stadt München hat es sich zur Aufgabe gemacht, die bayerische Landeshauptstadt bei der Digitalisierung zu unterstützen. Zu den Mitgliedern zählen Firmen wie Google, Bosch und Cisco.
Die Digitalisierung ist allgegenwärtig. Nicht nur in Unternehmen, sondern auch ganze Städte werden zunehmend computergesteuert. "Smart City" ist hierbei das Stichwort. Smart-City-Anwendungen bergen zwar ein grosses Potential, nicht immer sind jedoch Digitalisierungsinitiativen von Städten und Kommunen auch sinnvoll, weiss Philipp Khan, IT-Berater bei ONE Business & Technology und aktives Mitglied bei der Vereinigung "Digitale Stadt München".
"Beim Thema Smart City herrscht eine unterschiedliche Auffassung, welche Anwendungsfelder sinnvoll sind und wie die Umsetzung aussehen soll.“ Um zuallererst einen Status quo zu definieren, gründete der Digitales Stadt München e. V. eine Arbeitsgruppe zu dem Thema. Als Vorbild stehe für das Projekt der bundesweit agierende Digitalverband Bitkom Model, so Khan weiter.
"Smart City stösst nicht ausschliesslich auf Begeisterung. Es ist auch viel Skepsis dabei." Einen Grund dafür sieht er vor allem darin, dass es schlicht viele überbewertete oder sogar nutzlose Smart-City-Anwendungen gebe. "Zu Beginn musste die Arbeitsgruppe also erst einmal festlegen, was der gemeinsame Konsens des Themas ist und was Smart City für München überhaupt bedeutet. Was würde München denn 'smart' machen?"
Digitalisierung der Bürgerämter
Schnell habe sich dabei die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, also von Bürgerämtern und dergleichen, als zentraler Punkt herauskristallisiert. "Hier kann man mit vergleichsweise wenig Aufwand schon sehr viel erreichen. Etwa, in dem man den Bürgern digitale Services über eine Onlineplattform zur Verfügung stellt."
Hier ist der Verein allerdings nicht alleiniger Innovationstreiber. Auf die Idee, die Verwaltung zu digitalisieren, sind schon andere gekommen. Zu den Hauptproblemen zählen der Datenschutz sowie die relativ komplizierte Gesetzeslage in Deutschland. So müssen verschiedene Dokumente etwa mit einer realen, handschriftlichen Unterschrift versehen werden. Eine digitale Unterzeichnung, oder auch die digitale Übermittlung des Autogramms ist nicht immer gesetzeskonform. Ähnlich steht es mit der Beantragung verschiedener Dokumente. Wird etwa ein Ausweis benötigt, muss der Bürger teilweise lange Wartezeiten auf dem Amt in Kauf nehmen. Ein persönliches Erscheinen ist unerlässlich.
Mobilität der Zukunft
Einfacher scheint die Digitalisierung hingegen im Bereich "Mobilität der Zukunft", so Khan. Hier wären vor allem die ansässigen Autobauer in der Entwicklung schon recht weit fortgeschritten. „Nichtsdestotrotz glaube ich, dass hier jedoch die Stadt die treibende Kraft sein sollte. Sie muss die entsprechende Infrastruktur, wie Ladestationen für Elektrofahrzeuge und mehr schaffen. Besonders da, wo eine Investition für Unternehmen nicht unbedingt interessant ist oder aber diese nicht wirklich Fuss fassen können.
Eine der ersten Funktionen der App ist die Geolokation. Damit wird der aktuelle Standort des Nutzers erfasst. Je nachdem, in welchem Kontext die Anwendung gerade genutzt wird, können dann unterschiedliche PoIs (Points of Interest) angezeigt werden.
"Hier könnte man aber zum Beispiel noch Daten zur Luftverschmutzung oder Ähnliches integrieren. Diese werden grundsätzlich ja sowieso schon erhoben und der Staat ist dazu verpflichtet, die Überschreitung von Grenzwerten an die Bürger zu kommunizieren. Mithilfe einer entsprechenden Schnittstelle könnten die Daten ortsabhängig direkt in die Smart-City-App integriert werden. Auch diese API gibt’s schon. Nur noch nicht in der App. Mit einer Darstellung in der App hätte man zudem den Nebeneffekt, dass das Umweltbewusstsein der Bürger erhöht wird."
Unternehmen als Mitglieder von Digitale Stadt München
Der Verein Digitale Stadt München widmet sich allerdings nicht nur den Ansprüchen der einzelnen Bürger. Viel mehr sollen sich auch Unternehmen besser austauschen können. Eines der namhaftesten Mitglieder ist zum Beispiel Google.
"Für die grösseren Firmen hat eine Mitgliedschaft bei uns den Vorteil, dass sie direkt sehen, woran andere arbeiten. Nicht unbedingt Wettbewerbern, sondern gerade auch kleinere Firmen und innovativen Start-ups." Umgekehrt profitieren aber auch die kleineren Unternehmen von einer Vernetzung mit dem Suchmaschinenprimus.
Bei allem Testen und Ideensammeln geht es schlussendlich aber darum, die besten Vorschläge umzusetzen und München weiter voranzubringen. "Etwas in die Kristallkugel geschaut, sehe ich ein völlig neues Mobilitätskonzept für die Stadt. Vielleicht geht das in Zukunft auch so weit, dass es gar keine Autos mehr gibt. Egal, ob es nun um Flugtaxis oder ein unterirdisches Gondelsystem geht. Wenn man berücksichtigt, dass die Verkehrsinfrastruktur bis zu 40% einer Stadtfläche einnimmt, würde sich durch ein neuartiges Mobilitätskonzept auch das komplette Stadtbild verändern."
München wächst überdurchschnittlich stark
Zurück in der Gegenwart muss München aber erst mal mit realeren Problemen kämpfen. Es ist rund 20 Jahre her, dass Edmund Stoiber - seinerzeit bayerischer Ministerpräsident - selbst zukunftsmelodische Töne spuckte. Stichwort "Transrapid". Flugreisende sollten damit in wenigen Minuten zum Münchner Flughafen gelangen, statt einer langen Fahrt mit dem Auto oder S-Bahn in Kauf nehmen zu müssen. Passiert ist seitdem nicht wirklich viel. Stoibers einstiges Prestigeprojekt ist fulminant gescheitert. Der Transrapid fährt inzwischen - in Shanghai. Die Münchner hingegen brauchen immer noch fast 45 Minuten vom Hauptbahnhof bis zum Flughafen. Stoiber hatte mit dem Transrapid von zehn Minuten gesprochen.
"Wir brauchen hier neue Ideen. Der Transrapid wurde einfach nicht besonders gut rübergebracht und hat dementsprechend keinen Anklang gefunden. Wenn man sich aber die Prognosen für das Bevölkerungswachstum für München anschaut, müssen wir hier ganz dringend eine Lösung finden. Nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch im europäischen Vergleich wird der Zuzug nach München überdurchschnittlich stark sein."
"Wir brauchen hier neue Ideen. Der Transrapid wurde einfach nicht besonders gut rübergebracht und hat dementsprechend keinen Anklang gefunden. Wenn man sich aber die Prognosen für das Bevölkerungswachstum für München anschaut, müssen wir hier ganz dringend eine Lösung finden. Nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch im europäischen Vergleich wird der Zuzug nach München überdurchschnittlich stark sein."
Branchenübergreifendes Netzwerk
Der Verein Digitale Stadt München ist ein branchenübergreifendes Netzwerk, heisst es auf der Webseite der Vereinigung. Die Mitglieder bekommen hier die Möglichkeit, visionär zu denken und so auch Veränderungen zu bewirken. Vernetzt werden sollen nicht nur Unternehmen und Gründern, sondern auch Medienhäuser und Bildungseinrichtungen aus München und dem Umland. Zu den Mitgliedern zählen neben Google, den Stadtwerken München etwa auch Bosch. Ebenfalls mit an Bord sind aber auch die Medienhäuser ProSiebenSat.1, Antenne Bayern und die Versicherung Allianz. Eine ausführliche Liste stellt der Verein auf seiner Online-Plattform bereit. Den Vorstandsvorsitz hat die LMU-Professorin Dr. Claudia Linnhoff-Popien inne.
In regelmässigen Abständen bieten die Mitglieder in Zusammenarbeit mit dem Verein sogenannte DigiTalks an. Dort werden die neuesten Ideen und Fortschritte präsentiert. Ausserdem veranstaltet der Verein selbst ein eigenes Jahresevent (Digicon), auf dem sich Digitale Stadt München im Gesamten präsentiert und seine Arbeit in Form von Fachvorträgen und Workshops präsentiert.