Schweizer HR-Barometer
12.10.2020, 15:43 Uhr
Je digitaler die Arbeit, desto unzufriedener die Beschäftigten
Das diesjährige Schweizer HR-Barometer zeigt unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Dabei zeigt sich: Je höher der Digitalisierungsgrad des Unternehmens, desto geringer ist die Arbeitszufriedenheit.
In einer digitalisierten Arbeitswelt spielt die Eigenverantwortung zunehmend eine grosse Rolle
(Quelle: Mediamodifier/Pixabay)
Das diesjährige Schweizer HR-Barometer hat unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung sowie die damit einhergehenden zunehmenden Überwachungsmöglichkeiten der Angestellten untersucht. So hat sich aus Sicht der Befragten ergeben, dass die Arbeitgebenden in der Schweiz relativ offen gegenüber neuen Technologien sind. So geben über 74 Prozent der Beschäftigten an, dass ihr Arbeitgeber oder ihre Arbeitgeberin gewillt ist, digitale Lösungen zu nutzen.
Gleichzeitig zeigt sich aber bei den Beschäftigten: Je höher der Digitalisierungsgrad des Unternehmens, desto geringer ist die Arbeitszufriedenheit. Eine gut durchdachte Integration neuer Technologien in bestehende Arbeitsabläufe sei daher unumgänglich, um die Zufriedenheit und Motivation von Beschäftigten aufrechtzuerhalten, kommt die Untersuchung zum Schluss.
Mehr Eigenverantwortung und Überwachung
In einer digitalisierten Arbeitswelt spielt die Eigenverantwortung der Beschäftigten eine zunehmend wichtige Rolle. Einerseits geben 66 Prozent der Befragten an, dass sie durch ihre Vorgesetzten «voll und ganz» oder doch zumindest «eher» ermächtigt werden, Entscheidungen selbstständig zu treffen. Andererseits berichten die Befragten auch von elektronischer Überwachung durch Arbeitgebende: Bei 46 Prozent blockiert der Arbeitgeber beispielsweise den Zugriff auf bestimmte Internetseiten, 22 Prozent werden beim Besuchen von Internetseiten überwacht. 20 Prozent der Befragten berichten, dass sie sich entsprechend durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin in ihrer Privatsphäre eingeschränkt fühlen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Beschäftigte mit ihrem Unternehmen weniger stark verbunden fühlen, wenn elektronische Überwachung zu oft eingesetzt wird.
Abgrenzung zwischen Privat- und Berufsleben
Die dank der Digitalisierung ständige Erreichbarkeit führt dazu, dass Arbeits- und Berufsleben sich zu vermischen drohen. Dabei zeigt sich ganz klar: Rund 75 Prozent der Befragten bevorzugen eine klare Trennung zwischen den beiden Lebensbereichen. Insbesondere in der aktuellen Situation, in der weiterhin viele Personen nur beschränkten Zugang zu ihren Arbeitsorten haben und entsprechend viel zu Hause arbeiten, ist dieser Befund wichtig. Bei älteren Beschäftigten ist der Wunsch nach Abgrenzung noch ausgeprägter. Gleichzeitig geben aber rund 60 Prozent an, dass sich in der Praxis Arbeit und Privates vermischen. «Es ist wichtig, dass sowohl die Beschäftigten als auch Vorgesetzte und HR-Verantwortliche darauf achten, dass es klare Regeln zum Beispiel zur geforderten Erreichbarkeit gibt, die es ermöglichen, Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen», so Bruno Staffelbach, Leiter des Center für Human Resource Management an der Universität Luzern und Mitautor der Studie.
Zur Studie
Schweizer HR-Barometer
Das Schweizer HR-Barometer erfasst, wie Angestellte in der Schweiz ihre Arbeitssituation erleben. Erhoben werden zum Beispiel die folgenden Themen: gegenseitige Erwartungen und Angebote von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden als Bestandteil der Arbeitsbeziehung (psychologischer Vertrag), Praktiken des Human Resource Management wie Arbeitsgestaltung und Personalentwicklung, Führung, Arbeitszufriedenheit, Arbeitsmarktfähigkeit und Karriereorientierung.
Die Studie wird von Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich, und von Bruno Staffelbach, Leiter des Center für Human Resource Management an der Universität Luzern, in Kooperation mit der Universität Zürich regelmässig herausgegeben.
Die Grundlage des HR-Barometers 2020 bildet eine Befragung von 1995 Angestellten, basierend auf dem Stichprobenregister des Bundesamtes für Statistik. Die aktuelle Ausgabe widmet sich dem Schwerpunktthema «Digitalisierung und Generationen». Die Befragung fand zwischen März und Mai 2020 in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz statt.
Das HR-Barometer 2020 entstand mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds.