Apple Pay: Jetzt auch in Europa

Banken wollen mit Paydirekt in den Online-Handel

Denn ein weiterer kritischer Punkt ist das Vertrauen der Verbraucher. "Studien belegen immer wieder, dass die Konsumenten sich eigentlich eine Lösung von ihrer Bank wünschen, denn in die haben sie das ­grösste Vertrauen", so Maike Strudthoff, "aber wir wissen auch, dass die Usability für die tatsächliche Nutzung enorm wichtig ist."
Allerdings sind die deutschen Banken von einer mobilen Bezahllösung meilenweit entfernt. Gerade erst hat sich eine nennenswerte Zahl von Instituten zusammengeschlossen, um ein gemeinsames Online-Payment-Verfahren zu entwickeln, mit dem sie Paypal Marktanteile abjagen wollen. "Paydirekt" soll auf einer Lastschrift basierten und als Voraussetzung lediglich ein Online-Banking-fähiges Konto benötigen. Zum Bezahlen ist dann nur die Eingabe des Benutzernamens oder der E-Mail-Adresse und der persönliche PIN nötig. Bereits Anfang November, also mit Beginn des Weihnachtsgeschäfts, soll es für Online-Händler in Deutschland zur Verfügung stehen. Das Ziel scheint ambitioniert, ist doch bislang nur sehr wenig über das System an die Öffentlichkeit gelangt. Erst im August wollen die Banken mit der Öffentlichkeitsarbeit beginnen.
Immerhin haben sich - ein Novum - viele Geldhäuser zusammengetan: Mit im Boot sind die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken, die Sparkassen im Sparkassenverband sowie etliche privatwirtschaftliche Banken, darunter die Deutsche Bank, die Postbank und die Commerzbank.
Als Vorteil von Pay­direkt heben die Banken die Sicherheit für die Händler hervor, die Zahlung werde nur freigegeben, wenn das Konto gedeckt sei. Ausserdem soll das Verfahren günstiger sein als Paypal, ist aus Branchenkreisen zu hören. Erste Banken, etwa die Volksbank Bigge-Lenne, die auf ihrer Website Paydirekt kurz vorstellt, werben zudem mit der Datensicherheit ­einer deutschen Lösung und der hohen technischen Reichweite - auch bei Kunden, die bisher beim Online-Shopping zurückhaltend seien.
Dennoch drängt Paydirekt letztlich mit einem Nachahmerprodukt in einen Markt, der durch Paypal sehr gut besetzt ist. ­Daher werden die Chancen in der Branche eher skeptisch gesehen - zumal die Banken in den letzten Jahren wenig Erfolg mit neuen Payment-Lösungen hatten. Weder die Geldkarte noch das Direktüberweisungsverfahren Giropay oder Girogo, die NFC-Lösung der Sparkassen, konnten sich ein grösseres Stück am Payment-­Kuchen sichern.
Ein Problem ist wohl, dass die Banken eher notgedrungen zusammenarbeiten, weil sie davon ausgehen müssen, dass Einzellösungen keinerlei Erfolgsaussichten haben. Dennoch bleiben sie Wettbewerber, werden also nur so weit an einem Strang ziehen wie unbedingt nötig. Die Folge könnte sein, dass langwierige Abstimmungsprozesse, unterschiedliche Interessen und verschiedene Geschwindigkeiten bei der Anpassung technischer und organisatorischer Prozesse das Projekt lähmen.
Für Maike Strudthoff ist eine der wesentlichen Frage die nach der Nutzerfreundlichkeit des Systems. "Wer nicht konsequent aus der Sicht des Kunden denkt, kann keine Konzepte entwickeln, die für die Kunden bequem sind", so Strudthoff. Sie fürchtet, dass den deutschen Banken eine entsprechende Unternehmenskultur fehlt, Kundenzentriertheit eher ein Lippen­bekenntnis bleibt.
Andererseits kann ­gerade die Zersplitterung eine Chance sein: Gelingt es beispielsweise einer Bank, Paydirekt elegant, in frischem Design und mit sinnvollen Zusatzservices in die eigene Bank-App zu integrieren, kann sie damit ihre Kunden durchaus auch überzeugen. "Damit kann ­eine Bank ihre Kundenbeziehung aus­bauen und sich auch Wettbewerbsvorteile vor anderen verschaffen", betont GFT-­Experte Kohl. Auch für Linsenbarth steht und fällt der Erfolg mit der Nutzerfreundlichkeit: "Wenn Paydirekt lediglich eine Paypal-Kopie wird, reicht das nicht aus."
Ausserdem können sich die Banken dem Mobile-Trend nicht verschliessen und müssen eine Lösung anbieten, wenn sie sich Marktanteile sichern wollen - und zwar schnell. Wenn Apple Pay in Deutschland erst einmal den Weg geebnet hat, werden auch die Wettbewerber wie Samsung Pay und Google mit Android Pay nicht lange auf sich warten lassen. Sie werden dann sicher auch eine Smartwatch im Gepäck haben - die Uhr tickt also. 




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