Gegen illegale Hassbotschaften
01.06.2016, 10:20 Uhr
IT-Riesen und EU: Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Online-Hetze
Zusammen mit der EU-Kommission präsentieren Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft einen Verhaltenskodex, der die Verbreitung von illegaler Online-Hetze in Europa eindämmen soll. Erste Kritiken daran gibt es bereits.
Die Verbreitung illegaler Online-Hetze soll künftig stärker bekämpft werden
(Quelle: shutterstock.com/Wetzkaz-Crailsheim)
Dass das Internet und soziale Netzwerke den Alltag nicht nur verschönern, ist hinlänglich bekannt. Sichtbar wird das aktuell vor allem am zunehmenden "Trend", Hasskommentare über Facebook, Twitter oder YouTube zu verbreiten. Hinzu kommen die jüngsten Terroranschläge und die Nutzung sozialer Medien durch terroristische Gruppen. Um diesem Einhalt zu gebieten, wird jetzt die EU-Kommission aktiv - zumindest in der Theorie: Zusammen mit Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft hat sie einen Verhaltenskodex präsentiert, der eine Reihe von Verpflichtungen zur Bekämpfung der Verbreitung von illegaler Online-Hetze in Europa enthält.
Ziel ist es, gemeinsam dafür zu sorgen, dass Online-Plattformen keine Möglichkeit mehr dafür bieten, dass sich illegale Hassbotschaften im Internet verbreiten. "Die sozialen Medien gehören leider zu den Instrumenten, die terroristische Gruppen nutzen, um junge Leute zu radikalisieren, und die Rassisten nutzen, um Gewalt und Hass zu propagieren. Die Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt, um zu gewährleisten, dass das Internet ein Raum für die freie und demokratische Meinungsäusserung bleibt, in dem die europäischen Werte und Gesetze geachtet werden", so Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung.
Anträge innerhalb von 24 Stunden prüfen
Laut Jourová sollen die beteiligten IT-Firmen künftig die "Mehrheit der stichhaltigen Anträge auf Entfernung illegaler Hasskommentare in weniger als 24 Stunden prüfen und diese erforderlichenfalls entfernen beziehungsweise den Zugang dazu zu sperren."
Dem Kodex nach verpflichten sich die Unternehmen zudem unter anderem dazu:
- fortlaufend interne Verfahren zu entwickeln und
- Mitarbeiter zu schulen.
- User zu sensibilisieren, welche Art von Inhalten gemäss den Regeln und Community-Leitlinien verboten sind.
- bestehende Partnerschaften mit Organisationen der Zivilgesellschaft zu stärken, die bei der Meldung von Inhalten helfen werden, mit denen zu Gewalt und Hass aufgerufen wird.
Twitter, Facebook, Google, Microsoft
Auch die einzelnen IT-Firmen äusserten sich dazu. Twitter etwa will Tweets künftig weiter frei laufen lassen, aber: "Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen dem Ausdruck der Meinungsfreiheit und Verhaltensweisen, die zu Gewalt und Hass aufstacheln", erklärt Karen White, Europa-Leiterin für öffentliche Belange bei Twitter. Im Zusammenspiel mit dem Vorgehen gegen hassvolles Verhalten, das gegen die Twitter-Regeln verstösst, will die Plattform künftig auch positive Stimmen besser zur Geltung bringen. Wie das in der Praxis jedoch aussieht, ist noch unbeantwortet.
Auch Google erklärt, man habe effiziente Systeme, mit denen stichhaltige Meldungen in weniger als 24 Stunden prüfen und illegale Inhalte entfernen werden können. Facebook begrüsst ebenfalls die Ankündigung - das Netzwerk hatte sich in Deutschland bereits dazu verpflichtet, Hasskommentare innerhalb von 24 Stunden zu löschen. "Wir fordern die Leute auf, unsere Möglichkeiten zur Meldung von Inhalten zu nutzen, die ihrer Meinung nach gegen unsere Standards verstossen, damit wir sie prüfen können. Unsere Teams auf der ganzen Welt prüfen diese Meldungen rund um die Uhr und handeln dann schnell", betont Monika Bickert, Leiterin für globales strategisches Management bei Facebook.
Und auch Microsoft zeigt sich entschlossen. Wie John Frank, der für EU-Behördenangelegenheiten zuständige Vizepräsident von Microsoft, sagt, will das Unternehmen zusätzlich weitere Massnahmen einführen, die speziell das Einstellen terroristischer Inhalte verbieten.
Kritik am Kodex
Ganz kritiklos wurde der Verhaltenskodex jedoch nicht aufgenommen: So bemängelt die Organisation European Digital Rights (EDRi) etwa, dass mit dieser Vereinbarung nicht die Strafverfolgungsbehörden, sondern Internetfirmen die Führung bei der Kontrolle umstrittener Beiträge übernehmen würden. Und: Eine Frist, innerhalb derer die Plattformen entsprechende Inhalte dann auch wirklich konkret löschen müssen, wurde nicht vereinbart.